MIA > Deutsch > Referenz > Lassalle > Briefwechsel > L ans Ministerium (7. Feb. 1864)
Berlin, den 24. Januar 1864.
Auf Ihre Eingabe vom 20. d.M. wird Ihnen eröffnet, daß zu einer Beschwerde über den Instruktionsrichter Lützeler zu Düsseldorf kein Grund vorliegt, wenn derselbe, wie Sie angeben, in einer gegen Sie beim Untersuchungsamte zu Düsseldorf auf Grund der Artikel 100 und 101 des Strafgesebbuches anhängigen Untersuchung einen Erscheinungsbefehl erlassen hat, da nach den Vorschriften der Rheinischen Strafprozeßordnung die Vernehmung des Beschuldigten in der Pegel von dem, mit der Untersuchung befaßten Instruktionsrichter erfolgen soll und es jedenfalls seiner pflichtmäßigen Erwägung und Entscheidung zu überlassen ist, ob eine solche Vernehmung durch requirierte Gerichte für angemessen zu erachten ist. Der Erlaß eines Erscheinungsbefehls (mandat de comparution) entspricht dem Alinea 1 des hier allein maaßgebenden Art. 91 der Strafprozeßordnung und die Androhung, sowie der Erlaß eines Vorführungsbefehls (mandat d’amener) für den Fall des Nichterscheinens (défaut) dem Alinea 2 ibidem. Das dritte Alinea des Art. 91, auf welches Sie sich berufen, schreibt bei der Ansduuldigung eines Verbrechens den sofortigen Erlaß eines Vorführungsbefehles, ohne vorherigen Erscheinungsbefehl. vor, steht damit aber keineswegs im Widerspruch mit dem zweiten Alinea, welches bei allen Vergehen den Erlaß eines Vorführungsbefehls für den Fall anordnet, daß der Beschuldigte dem Erscheinungsbefehl keine Folge leistet.
Von dem Erlasse eines Arrestbefehls (mandat d’arrêt) oder eines Verhaftbefehls (mandat de dépôt), von denen die Art. 94 und 91 al. 1 in fine sprechen und die in der Regel erst nach dem Verhör des Beschuldigten zu erlassen sind, handelt es sich gegenwärtig nicht.
Es kann auch nicht anerkannt werden, daß Sie Ihr Nichterscheinen in dem, durch den Erscheinungsbefehl anberaumten Termine durch ein von Ihnen an den Instruktionsrichter unterm 12. Januar cr. gerichtetes Schreiben, wie Sie solches Ihrer Beschwerde abschriftlich beigefügt haben, in angemessener und genügender Weise gerechtfertigt haben.
Nach dem von Ihnen selbst bezogenen Artikel 57 der Kriminalprozeßordnung steht der Instruktionsrichter zunächst unter der Aufsicht des Generalprokurators, und es muß Ihnen überlassen bleiben, Ihre Beschwerde bei diesem einzureichen oder die geeigneten Rechtsmittel gegen die Verfügung des Instruktionsrichters zu ergreifen.
Der Justizminister kann sich nicht veranlaßt finden, auf Ihre Vorstellung in den geschlichen Gang der Untersuchung einzugreifen.
Der Justizminister.
Graf zur Lippe.
Zuletzt aktualisiert am 18.2.2002