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Ganz anders das klassenbewußte Proletariat. In der sozialistischen Geschichtstheorie geschult, begreift es den Theismus und die Religion aus ihren historischen Wurzeln und erblickt darin nicht die Ursachen sozialer Übel und Rückständigkeiten, sondern ihre Begleiterscheinungen, ohne doch zu verkennen, daß die Religion noch immer, wie in früheren Epochen, der Klassendespotie als Waffe, Maske, Schminke und Blendlaterne dient.
Dem hellen Licht der Wissenschaft zugekehrt, hat sich das Proletariat in seinen erleuchteten Schichten vom Theismus längst abgekehrt und steht ihm vollständig indifferent gegenüber – indifferent, indem es weder von einem Gott noch von der Religion irgend eine Förderung seiner Befreiungsbestrebungen erwartet - indifferent auch insofern, als es auf seine proletarischen Mitkämpfer in religiösen Dingen keinerlei Druck oder Zwang ausüben oder Zumutungen stellen will. Wohl verbreiten wir Wissen und Aufklärung auf allen Gebieten, das religiöse nicht ausgeschlossen, in zahlreichen Kanälen leiten wir die Ergebnisse der Forschung ins Volk, damit jeder befähigt sei, selbst zu prüfen und diejenigen Lehren anzunehmen, die ihm einleuchten. Der Wertschätzungen unserer Mitkämpfer tut es aber keinen Eintrag, welcher Weltanschauung sie huldigen, sofern sie nur als Parteigenossen und Gewerkschaftskollegen ihre Pflicht erfüllen.
Wohl aber bekämpfen wir energisch jeden Mißbrauch der Religion zur Verdummung des Volkes, zur Befestigung seines Jochs, zur Hemmung unserer Bewegung, und wenn bei diesem Kampf der Notwehr auf die Religion selbst Späne fliegen und manche Streiche sie treffen, so ist das nicht unsere Schuld. „Wenn die Religion zur Magd der Politik sich erniedrigt, kann sie sich nicht beklagen, wenn es ihr schlecht bekommt“, schrieb der geistreiche L. Seeger zu seiner Verdeutschung der unsterblichen Komödie des Aristophanes: Die Vögel.
Zuletzt aktualisiert am 9.8.2008