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Der Ausgangspunkt aller marxistischen Ansätze zur Analyse politischer Parteien ist Marx’ Theorie des Klassenkampfs. Marxisten sehen den Grund für die Existenz verschiedener und miteinander konkurrierender politischer Parteien in der wirtschaftlichen Struktur der Gesellschaft. Politische Parteien entstehen, sammeln Anhänger und fungieren als Vertreter von Klasseninteressen.
Wie viele andere marxistische Grundsätze auch wird diese Idee allerdings zu Unfug, wenn sie grob und dogmatisch vertreten wird. Die These, dass politische Parteien Klasseninteressen vertreten, heißt nicht, dass sie es notwendigerweise eins zu eins tun, dass immer eine Partei die Interessen einer Klasse vertritt, oder dass ihr Handeln einzig mit Bezug auf die Klasse, auf die sie sich stützt, erklärt werden kann. Es heißt auch nicht, dass sich die Interessen einer Klasse, historisch betrachtet, auf den unmittelbaren ökonomischen Nutzen reduzieren ließen. Die Geschichte liefert unzählige Beispiele für allerlei Kombinationen von Klassen und Parteien, für Parteien, die als Vertreter der Interessen einer Klasse anfangen und am Ende die Interessen einer anderen bedienen; oder solche, die versuchen, die Interessen von zwei oder sogar drei Klassen gleichzeitig zu vertreten. Es gibt auch Parteien, die für einen Teil einer Klasse sprechen, sich dabei aber gegen die Interessen der Klasse als ganze richten. Oder es gibt Situationen, in denen mehrere kleine Parteien um die ungeteilte Gunst einer Klasse miteinander buhlen und so weiter.
So haben wir in Großbritannien heute drei große politische Parteien:
Keines dieser Beispiele widerlegt die marxistische These. Sie bestätigen sie vielmehr. Denn wir behaupten lediglich, dass die Analyse politischer Parteien wie der Politik im Allgemeinen die Klassenstruktur der jeweiligen Gesellschaft zu ihrem Ausgangspunkt nehmen muss. Die komplexen und vielfältigen Beziehungen, die wir aufgeführt haben, rühren daher, dass gesellschaftliche Klassen nicht einfach nebeneinander existieren, sondern die eine alle anderen beherrscht. Und dass sich alle miteinander in einem fortdauernden und dynamischen Konfliktzustand befinden, wobei Parteien in diesen Konflikten eine wichtige Rolle spielen. Eine gegebene Parteienlandschaft spiegelt die relativen Entwicklungsstufen der verschiedenen Klassen wider, sowie den Grad an Hegemonie, die eine Klasse über die anderen ausübt. Wenn wir uns mit marxistischen Parteitheorien beschäftigen, besonders bei Marx selbst, geht es uns also nicht um eine gesonderte Organisationstheorie, sondern um das Verhältnis von Partei und Klasse. Parteien sind Momente in der Entwicklung von Klassen.
Marx suchte die Triebkräfte der Geschichte zu verstehen, um Geschichte leichter machen zu können. Klassen sind für ihn nicht einfach statische Gebilde, sondern gesellschaftliche Gruppen, die durch historische Prozesse entstehen und verschiedene Entwicklungs- und Reifestufen durchlaufen. Vor allem definieren sich Klassen durch Konfrontation: „Individuen bilden nur insofern eine Klasse, als sie einen gemeinsamen Kampf gegen eine andre Klasse zu führen haben [...]“ [2] Im Verlauf des Kampfs erwerben (oder verlieren) Klassen Zusammenhalt, Organisation, Selbstvertrauen und Bewusstsein. Parteien sind Waffen im Kampf zwischen Klassen.
„Unsere Epoche, die Epoche der Bourgeoisie, zeichnet sich jedoch dadurch aus, dass sie die Klassengegensätze vereinfacht hat. Die ganze Gesellschaft spaltet sich mehr und mehr in zwei große feindliche Lager, in zwei große, einander direkt gegenüberstehende Klassen: Bourgeoisie und Proletariat.“ [3] Damit meinte Marx jedoch nicht, dass alle Menschen in der kapitalistischen Gesellschaft der einen oder anderen Klasse zuzuordnen sind – so etwas im Jahr 1847 zu behaupten, wäre absurd gewesen. Er behauptete vielmehr, dass der Konflikt zwischen Bourgeoisie und Proletariat dem kapitalistischen System innewohnt und es grundlegend prägt. Im Kapitalismus gründet die Produktion auf der Ausbeutung von Lohnarbeit. Die kapitalistische Wirtschaft ist daher von einem permanenten und grundsätzlichen Interessenkonflikt gekennzeichnet, der alle Aspekte des gesellschaftlichen Lebens berührt. Wie Marx es in Das Kapital ausdrückt:
Es ist jedes Mal das unmittelbare Verhältnis der Eigentümer der Produktionsbedingungen zu den unmittelbaren Produzenten [...], worin wir das innerste Geheimnis, die verborgne Grundlage der ganzen gesellschaftlichen Konstruktion und daher der politischen Form des Souveränitäts- und Abhängigkeitsverhältnisses, kurz, der jedesmaligen spezifischen Staatsform finden. [4]
In letzter Instanz bewegen sich die übrigen Klassen und gesellschaftlichen Schichten im Rahmen der von den beiden Hauptklassen dargebotenen Alternativen. Sie müssen sich auf die eine oder andere Seite schlagen. Das wichtigste Kriterium für die Bewertung von politischen Parteien vom marxistischen Standpunkt aus ist nicht, auf welche Klasse sie sich stützen, sondern wie sie sich im Klassenkampf zwischen Bourgeoisie und Proletariat positionieren.
Bei der Behandlung von Marx’ Theorie der Partei geht es indessen nicht um politische Parteien im Allgemeinen, sondern um die revolutionäre Partei, die den Sturz des Kapitalismus anstrebt, speziell um seine Vorstellung von einer proletarischen politischen Partei, weil für ihn „nur das Proletariat eine wirklich revolutionäre Klasse [ist]. Die übrigen Klassen verkommen und gehen unter mit der großen Industrie, das Proletariat ist ihr eigenstes Produkt.“ [5] Die Ausdehnung des Kapitalismus drängt Händler, Handwerker und Kleinbauern an den Rand, nur das Proletariat wird vermehrt. „In demselben Maße, worin sich die Bourgeoisie, d. h. das Kapital, entwickelt, in demselben Maße entwickelt sich das Proletariat, die Klasse der modernen Arbeiter.“ [6] Die Produktion erklimmt immer höhere Stufen und zieht Arbeiter in immer größeren Einheiten zusammen, und „mit der Entwicklung der Industrie vermehrt sich nicht nur das Proletariat; es wird in größeren Massen zusammengedrängt, seine Kraft wächst, es fühlt sie mehr“. [7] Das Proletariat bildet den Mittelpunkt der Wirtschaft. Es ist potenziell die mächtigste Klasse aller Zeiten, mit der Fähigkeit, sich selbst zu befreien. Dieses Moment der Selbstemanzipation ist ein Kernelement von Marx’ Theorie der Revolution. [8]
Genauso wichtig für ihn ist, dass das Proletariat die erste Klasse in der Geschichte ist, deren Sieg nicht zu einer neuen Form von Klassengesellschaft sondern zur Abschaffung aller Klassen führen wird. Marx’ Ansicht beruh auf dem notgedrungen kollektiven Charakter des proletarischen Kampfs. In der Regel wird ein Arbeiter oder eine Arbeiterin seinen oder ihren Boss nich einfach so um eine Lohnerhöhung bitten können, vielmehr werden sie ge zwungen sein, sich mit ihren Kollegen zusammenzuschließen. Der Arbeite besitzt nicht die Produktionsmittel und kann sie auch nicht als Individuum in Besitz nehmen, denn die moderne Großindustrie lässt sich nicht in Millio nen Einzelteile aufspalten und verteilen. Die Arbeiterklasse kann nur al Kollektiv und in Form gesellschaftlichen Eigentums von den Produktions mitteln Besitz ergreifen.
Marx beharrte darauf, dass das lohnabhängige Proletariat die einzige revolutionäre Klasse ist. Der Grund dafür wird deutlich, wenn wir uns seine Haltung gegenüber dem anderen nahe liegenden Kandidaten für diese Rolle ver gegenwärtigen, nämlich der Bauernschaft. Zu Marx’ Zeiten bildete die Bau ernschaft die große Mehrheit der Bevölkerung, auch in den meisten europäi schen Ländern, und war mindestens so arm und unterdrückt wie das Indus trieproletariat. Außerdem gab es eine lange Tradition gewaltsamer Bauern aufstände. Für Marx war all das aber nicht entscheidend. Er hob stattdesse die Zersplitterung und die individualisierte Lebensweise der Bauern hervor:
Die Parzellenbauern bilden eine ungeheure Masse, deren Glieder in gleicher Situation leben, aber ohne in mannigfache Beziehung zueinander zu treten. Ihre Produktionsweise isoliert sie voneinander, statt sie in wechselseitigen Verkehr zu bringen. [...] So wird die große Masse der französischen Nation gebildet durch einfache Addition gleichnamiger Größen, wie etwa ein Sack von Kartoffeln einen Kartoffelsack bildet. Insofern Millionen von Familien unter ökonomischen Existenzbedingungen leben, die ihre Lebensweise, ihre Interessen und ihre Bildung von denen der anderen Klassen trennen und ihnen feindlich gegenüberstellen, bilden sie eine Klasse. Insofern nur ein lokaler Zusammenhang unter den Parzellenbauern besteht, die Dieselbigkeit ihrer Interessen keine Gemeinsamkeit, keine nationale Verbindung und keine politische Organisation unter ihnen erzeugt, bilden sie keine Klasse. Sie sind daher unfähig, ihre Klasseninteressen im eigenen Namen, sei es durch das Parlament, sei es durch einen Konvent geltend zu machen. Sie können sich nicht vertreten, sie müssen vertreten werden. [9]
Das Proletariat ist im Gegensatz zur Bauernschaft in der Lage, sich selbst zu vertreten und sich selbst zu befreien. Das ist die entscheidende Voraussetzung, um die Rolle als revolutionäre Klasse auszufüllen. Es erklärt auch, warum aus dem Proletariat heraus eine revolutionäre Partei gebildet werden kann.
Man sollte jedoch nicht das Potenzial des Proletariats, seine eigene Partei zu schaffen, mit dem Istzustand verwechseln. Marx war sich der Kluft zwischen dem Proletariat als Klasse „an sich“ und dem Proletariat als Klasse „für sich“ [10] durchaus bewusst, wie auch des langen Weges und der Kämpfe, die zwischen diesen beiden Zuständen liegen. Marx sah den lähmenden Einfluss einer von Konkurrenz geprägten bürgerlichen Gesellschaft auf Organisation und Einheit der Arbeiterklasse:
Die Konkurrenz isoliert die Individuen, nicht nur die Bourgeois, sondern noch mehr die Proletarier gegeneinander, trotzdem dass sie sie zusammenbringt. Daher dauert es eine lange Zeit, bis diese Individuen sich vereinigen können [...], und daher ist jede organisierte Macht gegenüber diesen isolierten und in Verhältnissen, die die Isolierung täglich reproduzieren, lebenden Individuen erst nach langem Kampf zu besiegen. [11]
Er erkannte auch die Macht der bürgerlichen Ideologie:
Die Klasse, die die Mittel zur materiellen Produktion zu ihrer Verfügung hat, disponiert damit zugleich über die Mittel zur geistigen Produktion, so dass ihr damit zugleich im Durchschnitt die Gedanken derer, denen die Mittel zur geistigen Produktion abgehen, unterworfen sind. [12]
Die Bekämpfung dieser mächtigen Tendenzen zur Zersplitterung und die Herstellung der Unabhängigkeit des Proletariats als Klasse erforderten die Bildung einer politischen Arbeiterpartei. Marx weist sogar mehrfach darauf hin, dass die Arbeiter eigentlich erst dann als Klasse zu sehen sind, wenn sie eine eigene getrennte Partei geschaffen haben. So steht im Manifest der Kommunistischen Partei: „Diese Organisation der Proletarier zur Klasse, und damit zur politischen Partei, wird jeden Augenblick wieder gesprengt durch die Konkurrenz unter den Arbeitern selbst.“ [13] Auf der im Jahr 1871 abgehaltenen Londoner Konferenz der Ersten Internationale wurde festgehalten, „dass die Arbeiterklasse [...] nur als Klasse handeln kann, indem sie sich selbst als besondere politische Partei konstituiert“. [14] Diese Grundauffassung bildete einen Kernbestandteil der Theorie Marx’ und Engels’, als auch ihrer Praxis, von Mitte der 1840er Jahre an bis zu ihrem Lebensende.
Das führt uns zu einem grundsätzlichen Problem in der marxistischen Parteitheorie. Marxisten glauben, dass Klassenkampf die Triebkraft der Geschichte ist, „dass die Emanzipation der Arbeiterklasse durch die Arbeiterklasse selbst erobert werden muss“. [15] Gleichzeitig wollen sie eine politische Partei schaffen, die die historischen Interessen der gesamten Klasse vertritt. Wie soll sich das Verhältnis zwischen dieser Partei und der Masse der Arbeiterklasse gestalten? Marx ging auf dieses Problem in dem Abschnitt Proletarier und Kommunisten im Kommunistischen Manifest ein:
In welchem Verhältnis stehn die Kommunisten zu den Proletariern überhaupt?
Die Kommunisten sind keine besondere Partei gegenüber den andern Arbeiterparteien. Sie haben keine von den Interessen des ganzen Proletariats getrennten Interessen. Sie stellen keine besonderen Prinzipien auf, wonach sie die proletarische Bewegung modeln wollen.
Die Kommunisten unterscheiden sich von den übrigen proletarischen Parteien nur dadurch, dass sie einerseits in den verschiedenen nationalen Kämpfen der Proletarier die gemeinsamen, von der Nationalität unabhängigen Interessen des gesamten Proletariats hervorheben und zur Geltung bringen, andererseits dadurch, dass sie in den verschiedenen Entwicklungsstufen, welche der Kampf zwischen Proletariat und Bourgeoisie durchläuft, stets die Interessen der Gesamtbewegung vertreten.
Die Kommunisten sind also praktisch der entschiedenste, immer weitertreibende Teil der Arbeiterparteien aller Länder, sie haben theoretisch vor der übrigen Masse des Proletariats die Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeinen Resultate der proletarischen Bewegung voraus. [16]
Diese wenigen, brillant auf den Punkt gebrachten Absätze enthalten den Keim zur Lösung des Problems des Verhältnisses von Partei und Klasse und zugleich eine Reihe allgemeiner Richtlinien, die die Praxis der marxistischen Bewegung bis zum heutigen Tag geleitet haben. Zunächst einmal wird der konspirativen Ansicht eine Abfuhr erteilt, wonach die Partei als eine kleine Bande von Abenteurern agiert, im Namen der Klasse, aber zugleich getrennt von ihr. Ebenfalls wird eine autoritäre Sicht auf die Partei zurückgewiesen, wonach die Weisungen von oben kommen, die von einer im Wesentlichen passiven Masse nur befolgt werden müssen, und schließlich die rein propagandistische Sicht von der Sekte, die ihre Glaubenssätze so lange predigt, bis die übrige Welt davon überzeugt ist.
Demgegenüber wird das Prinzip aufgestellt, wonach Führung durch konkretes Handeln im Klassenkampf im Dienst der Arbeiterklasse entsteht. Es wird zugleich die Notwendigkeit betont, in den ökonomischen und politischen Tageskämpfen der Arbeiter stets die allgemeinen Ziele der Bewegung hervorzuheben. Die zitierten Absätze nehmen insofern die marxistische Einheitsfrontstrategie vorweg [17], die Notwendigkeit der Arbeit in den Gewerkschaften bei gleichzeitiger Anerkennung der Grenzen der rein gewerkschaftlichen Tätigkeit, sowie die Verteidigung demokratischer Rechte verbunden mit dem Bestreben, über die Grenzen der bürgerlichen Demokratie hinauszugehen.
Aber trotz ihrer Bedeutung bleiben Marx’ Formulierungen in gewisser Hinsicht beschränkt und lückenhaft. Sie sind sehr allgemein gehalten. Nirgendwo behandelt Marx die eigentliche organisatorische Form, für die sich Kommunisten entscheiden sollten. Überhaupt bleibt der Begriff „Partei“ vage. Diese Unbestimmtheit kennzeichnet auch die einzige These in der Passage, die von späteren Ereignissen klar widerlegt wurde, nämlich: „Die Kommunisten sind keine besondere Partei gegenüber den andern Arbeiterparteien.“ Dies ergab als allgemeines Prinzip nur unter der Annahme Sinn, dass sie gleichbedeutend ist mit der These: „Sie haben keine Interessen unterschiedlich und getrennt von denen des Proletariats als Ganzes.“
Diese Unbestimmtheit bei der Anwendung des Wortes „Partei“ ist nicht auf das Kommunistische Manifest beschränkt. Durch sein Gesamtwerk hindurch wird der Begriff „Partei“ von Marx in mannigfaltiger Weise verwendet (Monty Johnstone hat mindestens fünf verschiedene „Bedeutungsmuster“ identifiziert). [18] Er fasste unter dem Begriff so unterschiedliche Phänomene wie die sehr breit aufgestellte und locker organisierte Chartistenbewegung, seine eigene kleine Gruppe von Mitarbeitern und Anhängern oder ganz allgemein die revolutionäre Sache. So schreibt Marx an Ferdinand Freiligrath: „Der Bund [der Kommunisten] [...], wie hundert andre Gesellschaften, war nur eine Episode in der Geschichte der Partei, die aus dem Boden der modernen Gesellschaft überall naturwüchsig sich bildet.“ [19] Und: „Unter Partei verstand ich die Partei im großen historischen Sinn.“ [20] Ludwig Kugelmann gegenüber beschrieb Marx die Pariser Kommune als „die glorreichste Tat unsrer Partei seit der Pariser Juni-Insurrektion [von 1848]“. [21]
Wegen der Unschärfe in dieser Frage können wir Marx keine eindeutige oder systematische Parteitheorie zuschreiben. Andernfalls würden wir Zitate aus ihrem historischen Zusammenhang reißen. Die einzig mögliche Verfahrensweise besteht darin, Marx’ politische Tätigkeit in ihrer konkreten Entwicklung zu untersuchen und seine verschiedenen Bemerkungen über die Parteifrage in ihrem historischen Kontext zu beleuchten. [22] Dabei müssen wir uns stets vergegenwärtigen, dass der Mangel einer genauen Partei-Definition bei Marx weder dem Zufall, noch intellektueller Trägheit geschuldet ist. Vielmehr spiegelt es die Tatsache wider, dass politische Parteien, bürgerliche wie proletarische, im modernen Sinne des Wortes etwas sind, womit Marx zeit seines Wirkens kaum konfrontiert war. Die moderne Massenpartei mit ihrer klar definierten Mitgliedschaft, Organisation und Satzung ist eine jüngere Erscheinung. Sie entstand hauptsächlich, um den Herausforderungen des allgemeinen Wahlrechts und der voll entwickelten bürgerlichen Demokratie zu begegnen, und sie setzte ein beträchtliches Kommunikationsnetz, Massenmedien und Alphabetisierung voraus. Das zuvor bestehende, relativ primitive politische System hatte keinen Bedarf an modernen politischen Parteien. Lockere und informelle Netze lokaler Honoratioren (meistens Großgrundbesitzer) oder kleine Versammlungen von einflussreichen Intellektuellen in Klubs und Salons reichten aus. Es ergibt wenig Sinn, von Marx Begrifflichkeiten für Phänomene zu erwarten, die es seinerzeit nicht gab – vor allem in konkreten Organisationsfragen, die viel schwieriger voraussehbar sind als allgemeine ökonomische und gesellschaftliche Entwicklungen.
Die Entwicklung von Marx’ Parteibegriff kann man in vier Etappen aufteilen: die Periode des Bundes der Kommunisten (1847–1850), die lange Phase des Abschwungs von Klassenkämpfen (1850–1864), die Zeit der Internationalen Arbeiterassoziation (1864–1872) und die Anfänge der sozialdemokratischen Massenorganisationen (ab 1873).
Bereits Anfang des Jahres 1846 hatten Marx und Engels kommunistische Korrespondenz-Komitees gegründet, mit Hauptsitz in Brüssel und Verbindungen nach Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Nun traten sie in Kontakt mit dem Bund der Gerechten, einer internationalen Geheimgesellschaft, die hauptsächlich aus deutschen Handwerkern bestand. Nachdem es ihnen gelang, die Anführer des Bundes von ihren Ideen zu überzeugen, wurden Marx und Engels gebeten, selbst dem Bund beizutreten. Sie willigten unter der Bedingung ein, dass die alten konspirativen Organisationsformen abgeschafft würden. Der Bund der Gerechten benannte sich in Bund der Kommunisten um. Zur Neugründung hielt er einen Kongress ab, an dem Marx und Engels teilnahmen. Dessen Hauptthemen waren das Erringen einer „durchaus demokratisch[en]“ Struktur „mit gewählten und stets absetzbaren Behörden“ und der Kampf gegen „alle Konspirationsgelüste“. [23] Marx und Engels kämpften für die Hinwendung zur offenen Propagierung kommunistischer Ideen in der Arbeiterklasse. Das Jahr 1847 markiert somit das Zusammenkommen mehrerer Schlüsselelemente der marxistischen Parteitheorie. Erstens die Notwendigkeit einer internationalen Organisierung des Proletariats, wo immer möglich. Zweitens die Verbindung zwischen dem Klassenkampf, der Selbstbefreiung des Proletariats mit einer im Innern demokratischen Organisation, die offen für ihre Ziele eintritt.
Der Bund nannte sich mal eine internationale Körperschaft, mal die „Kommunistische Partei in Deutschland“, aber in Wirklichkeit war er mit seinen 200 bis 300, über mehrere Länder verteilten Mitgliedern [24] zu schwach, um als Vorgängerin der Ersten Internationale oder auch nur als echte, auf der Ebene eines Lands vertretene Partei gelten zu können. Bestenfalls könnte man in ihm den Embryo einer Partei sehen, oder, um es mit einem Begriff des Pariser Mai 1968 auszudrücken, als ein „groupuscule“ – ein Grüppchen. Die ursprünglich beschlossene Strategie sah vor, dass Kommunisten so weit wie möglich in schon bestehenden Bewegungen in den verschiedenen Ländern arbeiten sollten. So betätigte sich Ernest Jones in Großbritannien bei den Chartisten und die Mitglieder des französischen Bunds traten den Sozialdemokraten von Alexandre Ledru-Rollin und Louis Blanc bei. Die Schwäche des Bunds zeigte sich bald, als er in die europaweite Umwälzung von 1848 gestürzt wurde. Wie Engels bemerkte: „Die paar hundert vereinzelten Bundesmitglieder verschwanden in den ungeheuren, plötzlich in die Bewegung geschleuderten Massen.“ [25] Das bedeutet nicht, dass die Mitglieder des Bundes nichts zu bieten hatten. Ganz im Gegenteil, als Individuen spielten sie im Fortgang der Revolution eine wichtige Rolle. Wie Stephan Born an Marx schrieb: „Er ist aufgelöst, [und doch ist er] überall.“ [26]
In Ermangelung einer handlungsfähigen Organisation und in Anbetracht einer immer noch kleinen und politisch unreifen Arbeiterklasse blieb Marx angesichts der zugespitzten revolutionären Lage nichts anderes übrig, als von dem im Kommunistischen Manifest dargelegten Schema kurzerhand abzuweichen. Anstatt als klarer Befürworter der proletarischen Revolution und Vertreter einer unabhängigen Arbeiterpartei aufzutreten, sah sich Marx gezwungen, die Neue Rheinische Zeitung in den Dienst des äußersten linken Flügels der radikalen Demokratie zu stellen, mit dem Ziel, die bürgerliche Revolution so weit voranzutreiben, dass ihre inneren Widersprüche aufbrächen.
Marx war sich der Problematik seiner Position durchaus bewusst. Im April 1849, nachdem sich der deutsche bürgerliche Radikalismus unfähig gezeigt hatte, die Revolution voranzubringen, verließen Marx und seine Mitstreiter Willich, Schapper und Becker den Rheinischen Kreisausschuss der Demokraten. Sie schrieben: „Wir erachten, dass die jetzige Organisation der demokratischen Vereine zu viele heterogene Elemente in sich schließt, als dass eine dem Zweck der Sache gedeihliche Tätigkeit möglich wäre. Wir sind vielmehr der Ansicht, dass eine engere Verbindung der Arbeitervereine, da dieselben aus gleichen Elementen bestehen, vorzuziehen ist [...].“ [27] Ab diesem Zeitpunkt stellte der Marxismus den Kampf für die unabhängige politische Organisation der Arbeiterklasse in den Mittelpunkt seiner Theorie und Praxis.
Der rasche Zusammenbruch der deutschen Revolution stand der unmittelbaren Realisierung dieser Perspektive im Weg. Aber im Herbst 1849 gründete Marx, der sich nun im Londoner Exil befand, die Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten neu und begann von dort aus dessen Reorganisation in Deutschland – dieses Mal den Umständen geschuldet als geheime zentralisierte Partei. Marx resümierte in der Ansprache der Zentralbehörde an den Bund vom März 1850 (allgemein bekannt als März-Ansprache) die Erfahrungen der vorangegangenen Periode und die daraus zu ziehenden organisatorischen Lehren:
Zu gleicher Zeit wurde die frühere feste Organisation des Bundes bedeutend gelockert. Ein großer Teil der Mitglieder, in der revolutionären Bewegung direkt beteiligt, glaubte die Zeit der geheimen Gesellschaften vorüber und das öffentliche Wirken allein hinreichend. Die einzelnen Kreise und Gemeinden ließen ihre Verbindungen mit der Zentralbehörde erschlaffen und allmählich einschläfern. Während also die demokratische Partei, die Partei der Kleinbürgerschaft sich in Deutschland immer mehr organisierte, verlor die Arbeiterpartei ihren einzigen festen Halt, blieb höchstens in einzelnen Lokalitäten zu lokalen Zwecken organisiert und geriet dadurch in der allgemeinen Bewegung vollständig unter die Herrschaft und Leitung der kleinbürgerlichen Demokraten. Diesem Zustande muss ein Ende gemacht werden, die Selbständigkeit der Arbeiter muss hergestellt werden. [...]
Die Reorganisation kann nur durch einen Emissär erfolgen, und die Zentralbehörde hält für höchst wichtig, dass der Emissär gerade in diesem Augenblicke abgeht, wo eine neue Revolution bevorsteht, wo die Arbeiterpartei also möglichst organisiert, möglichst einstimmig und möglichst selbständig auftreten muss, wenn sie nicht wieder wie 1848 von der Bourgeoisie exploitiert und ins Schlepptau genommen werden soll. [28]
In mancherlei Hinsicht kommt Marx gerade in dieser Ansprache der Leninschen Vorstellung von der Partei als einer Vorhut der Klasse am nächsten (obwohl weiterhin größere Unterschiede bestehen bleiben). Diese organisatorischen Vorschläge sind das Ergebnis einer Beteiligung an revolutionären Aktivitäten, die direkter und unmittelbarer als alles waren, was Marx in seinen späteren Jahren erlebte. Sie waren als praktische Anleitung in einer Situation gedacht, in der er davon ausging, dass „eine neue Revolution bevorsteht“. Der Plan, die Organisation des Bundes zu straffen und seine Unabhängigkeit zu stärken, ist nicht als isolierter organisatorischer Kunstgriff, sondern als wesentlicher Bestandteil einer Perspektive dynamischen revolutionären Handelns zu sehen, in der die Arbeiterklasse in der demokratischen Revolution die Führung übernehmen und dieser eine sozialistische Richtung geben soll.
Sie müssen neben den neuen offiziellen Regierungen zugleich eigene revolutionäre Arbeiterregierungen, sei es in der Form von Gemeindevorständen, Gemeinderäten, sei es durch Arbeiterklubs oder Arbeiterkomitees, errichten, sodass die bürgerlichen demokratischen Regierungen nicht nur sogleich den Rückhalt an den Arbeitern verlieren, sondern sich von vornherein von Behörden überwacht und bedroht sehen, hinter denen die ganze Masse der Arbeiter steht. [...]
Um aber dieser Partei, deren Verrat an den Arbeitern mit der ersten Stunde des Sieges anfangen wird, energisch und drohend entgegentreten zu können, müssen die Arbeiter bewaffnet und organisiert sein. [...] Die Waffen und die Munition dürfen unter keinem Vorwand aus den Händen gegeben, jeder Entwaffnungsversuch muss nötigenfalls mit Gewalt vereitelt werden. Vernichtung des Einflusses der bürgerlichen Demokraten auf die Arbeiter, sofortige selbständige und bewaffnete Organisation der Arbeiter und Durchsetzung möglichst erschwerender und kompromittierender Bedingungen für die augenblickliche unvermeidliche Herrschaft der bürgerlichen Demokratie, das sind die Hauptpunkte, die das Proletariat und somit der Bund während und nach dem bevorstehenden Aufstand im Auge zu behalten hat. [29]
Die Ähnlichkeit zwischen Marx’ Parteivorstellung zu diesem Zeitpunkt und jener Lenins etwa fünfzig Jahre später rührt aus der Ähnlichkeit der Situationen, in denen sie sich befunden haben. Es ist kein Zufall, wenn Lenin auf der Suche nach Quellen zur Rechtfertigung der bolschewistischen Taktik in beiden russischen Revolutionen die Schriften von Marx und Engels speziell aus dieser Zeit heranzog und Trotzki seine Theorie der „permanenten Revolution“ aus der März-Ansprache ableitete.
Indes, Marx erhob eine bestimmte organisatorische Form oder gar Partei niemals zu einem Fetisch. Mit der Veränderung der Bedingungen veränderte er auch seine Haltung. Als es im Verlauf des Sommers 1850 immer klarer wurde, dass die Perspektive, auf der die organisatorischen Pläne der Ansprache fußten, sich als falsch erwies und ein baldiger revolutionärer Aufbruch nicht mehr zu erwarten war, ließ Marx seine Vorschläge schnell wieder fallen. Die Zentralbehörde des Bunds zerfiel unvermeidlich in zwei Lager – auf der einen Seite fanden sich jene wieder, die das Abebben der revolutionären Welle zur Kenntnis nahmen, und auf der anderen die, die sich mit der Realität nicht abfinden wollten. Letztere, unter Führung von Willich und Schapper, wollten die Revolution sogar künstlich beschleunigen. Sie verstrickten sich in allerlei abenteuerliche Pläne, die in der politischen Emigration gedeihen, unter anderem in ein Komplott zu einem bewaffneten Einmarsch nach Deutschland.
Mit der Spaltung hatte der Bund der Kommunisten seine Bedeutung verloren. Als letzte Rettung wurde die Zentralbehörde nach Köln verlegt, aber Marx trat bald aus ihr zurück. Der Bund löste sich kurze Zeit später auf.
Es begann für Marx die Phase seines Lebens, in der er sich fast ausschließlich – abgesehen von der Notwendigkeit, seinen Unterhalt zu verdienen – seinen ökonomischen Studien widmete. Er skizzierte die Perspektive für die kommenden Jahre in der letzten Ausgabe der Neuen Rheinischen Zeitung. Politisch-ökonomische Revue im November 1850:
Bei dieser allgemeinen Prosperität, worin die Produktivkräfte der bürgerlichen Gesellschaft sich so üppig entwickeln, wie dies innerhalb der bürgerlichen Verhältnisse überhaupt möglich ist, kann von einer wirklichen Revolution keine Rede sein. [...] Eine neue Revolution ist nur möglich im Gefolge einer neuen Krisis. Sie ist aber auch ebenso sicher wie diese. [30]
Zirkel politischer Emigranten sind bekannt für kleinlichen Zank, Skandale und nach innen gewandten Auseinandersetzungen. Marx sah sich um seiner Seelenruhe und den Erfolg seiner theoretischen Arbeit willen genötigt, diesem lähmenden Milieu entfliehen.
Marx und Engels sahen dieser Ruhe nach Jahren der Parteiarbeit auch mit einem Gefühl der Erleichterung entgegen. Marx schrieb an seinen Freund, ihm gefalle „sehr die öffentliche, authentische Isolation, worin wir zwei, Du und ich, uns jetzt befinden. Sie entspricht ganz unsrer Stellung und unsern Prinzipien“. [31] Worauf Engels antwortete: „Wir haben jetzt endlich wieder einmal – seit langer Zeit zum ersten Mal – Gelegenheit, zu zeigen, dass wir keine Popularität, keinen support [keine Unterstützung] von irgendeiner Partei irgendwelches Landes brauchen und dass unsre Position von dergleichen Lumpereien total unabhängig ist.“ [32] Franz Mehring warnte davor, diese hemdsärmeligen und privaten Bemerkungen allzu wörtlich zu nehmen. [33] Das hinderte einige Kommentatoren wie Bertram D. Wolfe [34] und Shlomo Avineri [35] nicht daran, sie als Marx’ „wirkliche“ Ansichten über die Partei darzustellen. Sie haben diese Unmutsäußerungen aus ihrem allgemeinen historischen, und darüber hinaus auch aus ihrem unmittelbaren Zusammenhang gerissen – dem eines privaten Briefwechsels zwischen engen Freunden. [36] Sie stehen in einem deutlichen Kontrast zu abgewogeneren und überlegteren Äußerungen, die für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Wörtlich genommen klingen diese und andere Bemerkungen von Marx und Engels so, als wollten sie sich von jeglicher politischen Tätigkeit verabschieden – eine offensichtlich absurde Vorstellung. Auch während der 1850er und 1860er Jahre, als Marx sich mit Leib und Seele in seine Arbeit am Kapital vertiefte, zog er sich nie völlig aus dem politischen Leben zurück. Er schrieb weiterhin für die Zeitungen der Chartisten und verfolgte intensiv die Aktivitäten des Führers ihres revolutionären Flügels, Ernest Jones. Im Jahr 1857 gab er ihm den Ratschlag, er solle „eine Partei bilden, wozu er in die Fabrikdistrikte muss“. [37]
Welche Faktoren waren es, die Marx zwölf lange Jahre von jeglicher Parteiarbeit abhielten? Wie schon angedeutet, bestand der wichtigste Faktor in der Annahme, dass die bürgerliche Gesellschaft in eine längere Zeit der Stabilisierung und des Wachstums eintrete. Zweitens maß er der theoretischen Arbeit enorme Bedeutung bei. Als ihn ein deutscher Emigrant in New York aufforderte, den Bund der Kommunisten wieder ins Leben zu rufen, antwortete Marx, er sei „der festen Überzeugung [...], meine theoretischen Arbeiten nützten der Arbeiterklasse mehr als [das Sich-]Einlassen in Verbindungen, deren Zeit auf dem Kontinent vorüber“ sei. [38] Drittens kam die große Kluft zwischen Marx’ Vorstellungen von revolutionärer Bewegung und jenen der überwiegenden Mehrheit der damals aktiven Revolutionäre hinzu.
Da für Marx der Klassenkampf die Triebkraft der Geschichte darstellt und die Selbstbefreiung der Arbeiterklasse das Ziel, ist es die Aufgabe einer Partei, das Proletariat in seinen Kämpfen zu führen und ihm zu dienen, denn Kommunisten „stellen keine besonderen Prinzipien auf, wonach sie die proletarische Bewegung modeln wollen“. [39] Die revolutionäre Bewegung Mitte des 19. Jahrhunderts war jedoch von völlig andersartigen Vorstellungen und Traditionen beherrscht – von Überbleibseln der konspirativen Tradition der Jakobiner in der Französischen Revolution oder von kleinbürgerlichen, utopischen Sozialisten, die glaubten, mit ihren aufgeklärten Idealen Kapital und Arbeit miteinander versöhnen zu können. Beide Strömungen waren in ihrer Haltung zur Arbeiterklasse gleichermaßen elitär. Während erstere hinter dem Rücken und im Auftrag der Klasse zu handeln trachtet, verlangte letztere von ihr, sie möge passiv abwarten, bis alle Menschen guten Willens durch die Kraft der Vernunft überzeugt würden. Marx hatte beide Positionen schon vor langer Zeit zurückgewiesen. Er war bereit, sie zu bekämpfen, aber nur im Rahmen einer lebendigen Arbeiterbewegung. Außerhalb eines solchen Zusammenhangs, in kleinen und unbedeutenden Klubs und Zirkeln, handelte es sich in seinen Augen um reine Zeitverschwendung.
Was Marx schließlich aus seiner selbstauferlegten Isolation holte, war die Einladung zur Gründungsversammlung der Internationalen Arbeiterassoziation, die in St. Martin’s Hall in London am 26. September 1864 zusammentraf. Die Internationale wurde weder von Marx gegründet noch war sie marxistisch geprägt. Vielmehr entstand sie vor dem Hintergrund des allgemeinen Aufschwungs ökonomischer Kämpfe der europäischen Arbeiterklasse und dem Interesse der Arbeiter an internationalen Fragen, wie der Unterstützung der Nordstaaten im amerikanischen Bürgerkrieg und das Eintreten für die Sache der polnischen Unabhängigkeit, als auch der Vereinigung Italiens. Eine wichtige praktische Herausforderung bestand darin, den Einsatz von Einwanderern als Streikbrecher zu verhindern. Die Versammlung war von Gewerkschaftern in London und Paris einberufen worden. Gerade diese Authentizität und diese Spontaneität zogen Marx an. Er schrieb an Engels: „Ich wusste, dass sowohl von der Londoner als Pariser Seite diesmal wirkliche ‚Mächte‘ figurierten, und beschloss deswegen, von meiner sonst stehenden Regel, to decline any such invitations [alle derartige Einladungen abzulehnen], abzustehn. [...] (denn there is now evidently a revival of the working classes taking place) [offenkundig haben wir ein Wiederaufleben der Arbeiterklassen vor uns]“. [40]
Diese positiven Aspekte fanden unweigerlich ihre negative Kehrseite in der extremen Heterogenität und Verwirrung bezüglich theoretischer und politischer Fragestellungen. Unter den Teilnehmern an der Internationale befanden sich Anhänger Giuseppe Mazzinis, bei denen es sich im Grunde um italienische Nationalisten handelte. Daneben gab es französische Proudhonisten, die Kapital und Arbeit versöhnen wollten, Owenisten wie John Weston [41], die Streiks ablehnten, und Geheimgesellschaften wie die der Philadelphier [42], die äußerlich den Freimaurern ähnelten. Die Zusammenarbeit mit diesem formlosen Gremium und das Lenken in die gewünschten Bahnen erforderten von Marx Fingerspitzengefühl und eine Portion List. Nachdem er die Aufgabe, die Satzung der Internationale zu entwerfen, an sich gezogen hatte und dabei die eigene Inauguraladresse [43] einschleuste, musste er allerlei Kompromissbereitschaft an den Tag legen, um die übrigen Teilnehmer nicht ganz vor den Kopf zu stoßen.
Es war sehr schwierig, die Sache so zu halten, dass unsre Ansicht in einer Form erschien, die sie dem jetzigen Standpunkt der Arbeiterbewegung acceptable machte. Dieselben Leute werden in ein paar Wochen Meetings mit Bright und Cobden für [das] Stimmrecht halten. Es bedarf Zeit, bis die wiedererwachte Bewegung die alte Kühnheit der Sprache erlaubt. Nötig fortiter in re, suaviter in modo [hart in der Sache, gemäßigt in der Form]. [44]
Marx’ Vorgehensweise bestand darin, den Klassencharakter der Bewegung und ihren Internationalismus hervorzuheben, sowie das damals breit diskutierte Thema der Selbstbefreiung zu betonen [45], ohne die revolutionären Ziele oder Methoden genau zu benennen. Also heißt es in der Satzung, „dass die Emanzipation der Arbeiterklasse durch die Arbeiterklasse selbst erobert werden muss“, „dass die ökonomische Emanzipation der Arbeiterklasse daher der große Endzweck ist, dem jede politische Bewegung, als Mittel, unterzuordnen ist“ und „dass die Emanzipation der Arbeiterklasse weder eine lokale, noch eine nationale, sondern eine soziale Aufgabe ist, welche alle Länder umfasst, in denen die moderne Gesellschaft existiert“. [46]
Die Kollektivierung der Produktionsmittel blieb unerwähnt, um die Proudhonisten nicht zu verärgern. Das Wort Revolution kam nicht vor, um die englischen Gewerkschafter nicht zu erschrecken. Die Strategie ging auf. Die Internationale vermied es, in Mehrings Worten, „ein kleiner Körper mit einem großen Kopfe“ zu werden. [47] Und doch vermochte es Marx dank seines besseren Überblicks über die Bewegung allmählich die intellektuelle Hegemonie über den Generalrat gewinnen. Mit dem Erstarken der Internatio -nale, vor allem in der großen, von der Wirtschaftskrise 1866/67 ausgelösten Streikwelle, konnte Marx nachfolgende Kongresse zur Annahme weitergehender sozialistischer Positionen bewegen. So nahm der Lausanner Kongress von 1867 folgenden Passus an: „Die soziale Emanzipation der Arbeiter ist untrennbar von ihrer politischen Emanzipation.“ [48] Auf dem Brüsseler Kongress von 1868 wurden die Proudhonisten in der Frage des kollektiven Eigentums an Land, Eisenbahnen, Bergwerken und Wäldern überstimmt und die Londoner Konferenz von 1871 fügte den Statuten folgende Erklärung hinzu:
[...] dass die Arbeiterklasse gegen die Gesamtgewalt der besitzenden Klassen nur als Klasse handeln kann, indem sie sich selbst als besondere politische Partei konstituiert, im Gegensatz zu allen alten Parteibildungen der besitzenden Klassen; dass diese Konstituierung der Arbeiterklasse als politische Partei unerlässlich ist für den Triumph der sozialen Revolution und ihres Endziels – Abschaffung der Klassen [...] [49]
Aber trotz dieser Fortschritte blieb die Internationale in zu viele auseinanderstrebende Fraktionen zersplittert, um sich auch nur annähernd zu einer echten internationalen kommunistischen Partei zu entwickeln. Marx versuchte auch nicht, ihr ein solches Konzept überzustülpen. Er akzeptierte, dass sie bloß ein loses Bündnis aus Arbeiterorganisationen und Arbeiterparteien in verschiedenen Ländern sein konnte und es „ihren Prinzipien [entspricht], jeder Sektion zu überlassen, ihr theoretisches Programm frei zu formulieren“. [50]
Diese Unverbindlichkeit war Stärke und Schwäche zugleich. Sie ermöglichte Marx, die verschiedenen Fraktionen zusammenhalten und ihnen Orientie rung zu geben, aber bot auch ein Einfallstor für die Unterwanderungsversuche Michail Bakunins und seiner anarchistischen Internationalen Bruderschaft. Diese schloss sich im Jahr 1868 unter dem Namen der Allianz der sozialistischen Demokratie der Internationale an und trug schließlich maßgeblich zu ihrem Zusammenbruch bei. Bakunin war mehr romantischer Abenteurer und Verschwörer als Theoretiker, und das von ihm vorgeschlagene Programm war naiv und verwirrt. Er befürwortete die Übernahme von Forderungen wie die „Gleichmachung der Klassen“, die sofortige Abschaffung des Staats sowie des Erbrechts und vor allem den vollständigen Verzicht auf das Einmischen in die Politik. Für Marx waren solche Vorstellungen nur „ein rechts und links oberflächlich zusammengeraffter Mischmasch“, eine „Kinderfabel“, ein „aus Proudhon, St. Simon etc. zusammengebettelter Quark“. [51] Aber er sprach den Anarchisten nicht das Recht ab, für ihren Standpunkt innerhalb der Internationale zu argumentieren.
Der ruinöse Streit zwischen Marx und Bakunin eskalierte indes nicht über die Auslegung unterschiedlicher Doktrinen, sondern darum, wie sich die Internationale organisieren sollte. Bakunin nutzte die vielen Spannungen und Uneinigkeiten in der Internationale aus und entfesselte eine Kampagne gegen den „autoritären Charakter“ des Generalrats mit dem Ziel, die verschie denen Nörgler um sich zu sammeln. Unter dem Deckmantel des Kampfs gegen die „autoritäre“ Führung suchte Bakunin nur, die eigene, nicht gewählte „kollektive und unsichtbare Diktatur“ [52] seiner Geheimgesellschaften und Verschwörungen zu verwirklichen. Wie Monty Johnstone richtig bemerkte, lautete die eigentliche Frage, „ob die Internationale als öffentliche und demokratische Organisation nach den auf ihren Kongressen verabschiedeten Regeln und politischen Grundsätzen geführt wird. Oder ob sie Bakunin erlauben sollte, ‘unsere Arbeiterassoziation mit dem Gift des Sektierertums zu infizieren und unsere Aktionsfähigkeit durch geheime Intrigen zu lähmen‘. Schließlich, ob es Föderationen und Sektionen gestattet sein soll, Kongressbeschlüsse abzulehnen, mit denen sie nicht einverstanden waren“. [53]
Die Aktivitäten Bakunins erhielten ihre Bedeutung aufgrund ihrer Verzahnung mit dem anderen Faktor, der entscheidend zum Niedergang der Internationale beitrug, nämlich die Gründung der Pariser Kommune von 1871. Marx’ leidenschaftliche Verteidigung der aus einem Aufstand des Pariser Proletariats hervorgegangenen Kommune in der Broschüre Der Bürgerkrieg in Frankreich führte zur Identifizierung der Internationale mit der Kommune. Dies bot den Anlass zu einer Angstkampagne gegen „die Roten“, einer wahren Hexenjagd gegen die Internationale in ganz Europa. Die Erfahrung einer echten sozialen Revolution warf darüber hinaus in aller Schärfe politische Fragen auf, die die instabile Einheit erschüttern mussten, auf der die Internationale gründete.
Um mit dieser Situation fertig zu werden, erbat Marx erweiterte Befugnisse für den Generalrat, die er auch bekam. Doch dies trieb die Gegner jeglicher „Einmischung“ durch den Generalrat erst recht in das Lager der „Antiautoritären“ um Bakunin. Spätestens ab dem Jahr 1872 hatte die Internationale in Marx’ Augen ausgedient (auch wenn er das nicht öffentlich kundtat). Er wollte sie aber unter keinen Umständen Verschwörern überlassen, weder den Anhängern Bakunins noch jenen Blanquis, die die positiven Errungenschaften der Internationale durch sinnlose Abenteuer kompromittiert hätten. Er bewerkstelligte den Ausschluss Bakunins (mit einer etwas zweifelhaften Begründung) [54] und ließ den Sitz der Internationale nach Amerika verlegen, wo sie 1876 sanft entschlief.
Die Internationale Arbeiterassoziation war zweifelsohne Marx’ wichtigstes praktisches Lebenswerk. Sie war ein mächtiger Anstoß für die Entwicklung der Bewegung allerorten. Durch sie fanden zumindest einige von Marx’ Grundprinzipien zum ersten Mal weite Verbreitung. Vor allem begründete sie die Tradition des Internationalismus und der internationalen Organisierung als Herzstück der sozialistischen Arbeiterbewegung. Das ist ihr bleibendes Verdienst, zugleich jedoch war ihre spätere Auflösung im Keim schon mit der Gründung angelegt. Um Marx’ Parteikonzept einzuschätzen, müssen wir daher die Stärken und Schwächen seiner theoretischen Überlegungen während dieser Zeit ergründen.
Marx sah die Partei immer in ihrer Beziehung zur Arbeiterklasse und definierte letztere auf Grundlage ihrer ökonomischen Stellung. Deshalb bildete die Verbindung zwischen Ökonomie und Politik das zentrale theoretische Problem, insbesondere zwischen den ökonomischen Kämpfen der Arbeiterklasse auf der einen Seite, sowie der Entwicklung ihres politischen Bewusstseins und ihrer Organisation auf der anderen Seite. Verschiedene Texte aus dieser Zeit legen den Schluss nah, dass für Marx politisches Bewusstsein im Wesentlichen das spontane Ergebnis der ökonomischen Umstände und des Kampfs der Arbeiterklasse ist. So sagte Marx 1869 in einer Rede an eine Delegation deutscher Gewerkschafter:
Die Gewerkschaften sind die Schulen für den Sozialismus. In den Gewerkschaften werden die Arbeiter zu Sozialisten herangebildet, weil ihnen da tagtäglich der Kampf mit dem Kapital vor Augen geführt wird. [...] Zu der Einsicht ist die größere Masse der Arbeiter gelangt, dass ihre materielle Lage gebessert werden muss, mögen sie einer Partei angehören, welcher sie wollen. Wird nun aber die materielle Lage des Arbeiters gebessert, dann kann er sich mehr der Erziehung seiner Kinder widmen, Frau und Kinder brauchen nicht in die Fabrik zu wandern, er selbst kann seinen Geist mehr bilden, seinen Körper mehr pflegen, er wird dann Sozialist, ohne dass er es ahnt. [55]
Diese Erklärung sollten wir in einigen ihrer überzogenen Aussagen nicht allzu wörtlich nehmen. Doch die Grundidee wiederholte Marx zwei Jahre später in einer Schlüsselpassage, die in einem Brief von 1871 an Friedrich Bolte zu finden ist:
Das political movement [die politische Bewegung] der Arbeiterklasse hat natürlich zum Endzweck die Erobrung der political power [politischen Macht] für sie, und dazu ist natürlich eine bis zu einem gewissen Punkt entwickelte previous organisation der working class [vorherige Organisation der Arbeiterklasse] nötig, die aus ihren ökonomischen Kämpfen selbst erwächst.
Andrerseits ist aber jede Bewegung, worin die Arbeiterklasse als Klasse den herrschenden Klassen gegenübertritt und sie durch pressure from without [Druck von außen] zu zwingen sucht, ein political movement. Z. B. der Versuch, in einer einzelnen Fabrik oder auch in einem einzelnen Gewerk durch strikes etc. von den einzelnen Kapitalisten eine Beschränkung der Arbeitszeit zu erzwingen, ist eine rein ökonomische Bewegung; dagegen die Bewegung, ein Achtstunden-etc. Gesetz zu erzwingen, ist eine politische Bewegung. Und in dieser Weise wächst überall aus den vereinzelten ökonomischen Bewegungen der Arbeiter eine politische Bewegung hervor, d. h. eine Bewegung der Klasse, um ihre Interessen durchzusetzen in allgemeiner Form, in einer Form, die allgemeine, gesellschaftlich zwingende Kraft besitzt. [56]
Die Stärke von Marx’ Vorstellung liegt in ihrem Materialismus, ihrer Betonung des Lernens durch Erfahrung und Kampf; ihre Schwäche liegt in ihrem ökonomischen Determinismus und optimistischen Evolutionismus. Die Geschichte ist voller Belege nicht nur für den von Marx skizzierten Entwicklungsprozess, sondern auch für vielfältige entgegenwirkende Kräfte, die den Übergang vom gewerkschaftlichen zum sozialistischen Bewusstsein behindern. Dass ökonomische Verbesserungen, auch solche, die durch Kampf gewonnen werden, als Dämpfer und nicht als Ansporn wirken können, wurde von Marx stark unterschätzt, ebenso wie der enorme Einfluss bürgerlicher Ideologie auf das Proletariat. Engels bemerkte im Jahr 1890 dazu: „Dass von den Jüngeren zuweilen mehr Gewicht auf die ökonomische Seite gelegt wird, als ihr zukommt, haben Marx und ich teilweise selbst verschulden müssen. Wir hatten, den Gegnern gegenüber, das von diesen geleugnete Hauptprinzip zu betonen, und da war nicht immer Zeit, Ort und Gelegenheit, die übrigen an der Wechselwirkung beteiligten Momente zu ihrem Recht kommen zu lassen.“ [57] In der Frage der Entwicklung des sozialistischen Bewusstseins hat Marx in der Tat den großen Fehler begangen, „das Hauptprinzip“ auf Kosten der „übrigen an der Wechselwirkung beteiligten Momente“ überzubetonen.
Marx’ Organisationsvorstellungen und seine Tätigkeit in der Internationale folgten aus seiner stark vereinfachten und optimistischen Perspektive von dem Übergang der Arbeiterklasse von einer „Klasse an sich“ zu einer „Klasse für sich“. Für Marx war die dringlichste Aufgabe die Gründung einer politischen Organisation, die auf Klassenkampf baute und breite Arbeiterschichten ansprach. Einmal geschaffen, würde sich die Organisation von selbst in eine revolutionäre Richtung entwickeln.
Es gibt von daher ein starkes Element des Fatalismus in Marx’ Haltung zum Parteiaufbau. Der Kampf der Ideen und verschiedenen Strömungen in der Arbeiterbewegung würde sich von selbst erledigen, sobald sich die Arbeiter als Klasse finden und ausdrücken. Das grundlegende Problem bestand darin, dass Marx nicht die Möglichkeit des Entstehens eines politischen Reformismus erahnen konnte – das, was wir heute als Sozialdemokratie oder Sozialpartnerschaft kennen. Diese reformistischen Strömungen sind mittlerweile in der Arbeiterklasse derart tief verwurzelt, dass sie sich nicht einfach aus sich selbst heraus transformieren unda eine revolutionäre Richtung einschlagen, sobald sich der Reformismus historisch erledigt hat. Vielmehr stellt er sich im entscheidenden Moment der Revolution als ein Hindernis in den Weg. Weil Marx diese Gefahr nicht sehen konnte, machte er sich auch keine Gedanken über das Gegenmittel, nämlich die Schaffung einer relativ gefestigten und disziplinierten Partei des revolutionären Vortrupps.
Nach 1872 waren Marx und Engels nicht mehr direkt an einer Organisation oder Partei beteiligt oder Mitglied einer solchen. Das hielt sie nicht davon ab, sich selbst in einer „Sonderstellung als Vertreter des internationalen Sozialismus“ [58] zu sehen und in dieser Rolle für Ratschläge an Sozialisten überall auf der Welt zur Verfügung zu stehen. Vor allem Engels betätigte sich in diesem Sinne – weniger Marx, der gesundheitlich sehr angeschlagen war und sich fortan auf seine Studien konzentrierte. Aber wir können davon ausgehen, dass sich Engels’ Ansichten weitgehend mit denen von Marx deckten.
Die wichtigste Entwicklung in dieser Zeit war der Aufstieg sozialdemokratischer Arbeiterparteien in einer Reihe von Ländern, allen voran Deutschland. Diese Organisationen verbanden ein offen sozialistisches Programm mit einer Massenanhängerschaft in der Arbeiterklasse. Mit diesem Phänomen konfrontiert und vor dem Hintergrund ihrer Erfahrungen in der Internationale scheinen Marx und Engels ihre Ansichten partiell revidiert oder zumindest eine andere Betonung gewählt zu haben. So können wir nachlesen, wie Engels im Jahr 1873 Bebel warnte: „Man muss sich durch das Geschrei nach ‚Einigung‘ nicht beirren lassen. [...] Eine Partei bewährt sich dadurch als die siegende, dass sie sich spaltet und die Spaltung vertragen kann.“ [59] Und in einem Brief an Sorge prophezeit er 1874, „die nächste Internationale wird – nachdem Marx’ Schriften einige Jahre gewirkt – direkt kommunistisch sein und gradezu unsre Prinzipien aufpflanzen“. [60]
In Großbritannien und in den USA mit ihren starken Arbeiterbewegungen, wo allerdings die Arbeiter in politischen Fragen den Parteien der herrschenden Klassen folgten und sozialistische Strömungen sehr schwach waren, blieben Marx und Engels hingegen bei ihrer alten Linie und forderten nach wie vor die Gründung einer breit aufgestellten unabhängigen Arbeiterpartei, ohne sich allzu sehr über ihr Programm oder ihre theoretischen Grundlagen den Kopf zu zerbrechen. Engels schrieb im Jahr 1881 in diesem Sinne eine Reihe von Artikeln für den Labour Standard, in denen er die Entstehung der Labour Party quasi vorwegnahm: „Neben den Verbänden in den einzelnen Industriezweigen oder über ihnen muss ein Gesamtverband, eine politische Organisation der Arbeiterklasse als Ganzes entstehen.“ [61] Und im Jahr 1893 drang er darauf, dass alle Sozialisten der Independent Labour Party (Unabhängigen Arbeiterpartei) beitreten sollten. Mit Bezug auf Amerika argumentierte Engels:
Die Hauptsache ist, zu erreichen, dass die Arbeiterklasse als Klasse handelt; ist das erst erreicht, so wird sie bald die rechte Richtung finden [...] Erwarten, dass die Amerikaner mit dem vollen Bewusstsein der Theorie beginnen werden, die in den älteren industriellen Ländern ausgearbeitet ist, heißt, Unmögliches erwarten [...] Ein oder zwei Millionen Arbeiterstimmen im nächsten November für eine bona fide Arbeiterpartei sind augenblicklich unendlich viel mehr wert als hunderttausend Stimmen für eine doktrinär einwandfreie Plattform [...] Aber alles, was jene nationale Festigung der Arbeiterpartei – gleichgültig auf welcher Plattform – verzögern oder verhindern kann, würde ich als großen Fehler ansehen [...] [62]
Gegenüber Frankreich und Deutschland, wo die Bewegung viel weiter fortgeschritten war, nahmen Marx’ und Engels’ eine ganz andere Haltung ein. In diesen Ländern bot sich in ihren Augen zum ersten Mal die Möglichkeit, in Gestalt der Parti Ouvrier Français (Französische Arbeiterpartei) und der SDAP (Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschlands) bedeutende marxistische Parteien zu schaffen. Damit diese Möglichkeit Wirklichkeit wird, legten sie besonderen Wert auf Fragen der Theorie und des Programms. Als die französische Partei sich im Jahr 1882 zwischen den von Jules Guesde und Paul Lafargue geführten Marxisten und den von Benoit Malon und Paul Brousse geführten „Possibilisten“ (zu Reformisten gewandelte Anarchisten) spaltete, begrüßte Engels das Ereignis als „unvermeidlich“ und „eine gute Sache“ und behauptete: „Die angebliche Partei von St.-Etienne [d. h. jene der Possibilisten] ist nicht nur keine Arbeiterpartei, sie ist überhaupt keine Partei, weil sie in der Tat kein Programm hat [...] Es scheint, jede Arbeiterpartei eines großen Landes kann sich nur in innerem Kampf entwickeln, wie das in den dialektischen Entwicklungsgesetzen überhaupt begründet ist.“ [63]
Einen besonders strengen theoretischen Maßstab legten Marx und Engels jedoch an die deutsche Sozialdemokratie an. Als sich die SDAP in Gotha mit dem von Lassalle geführten Allgemeinen Deutschen Arbeiter-Verein (ADAV) im Jahr 1875 zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAPD, später SPD) vereinte, kritisierte Engels diesen Schritt als „unsererseits überstürzt“ [64] und nur mit theoretischen Zugeständnissen erkauft. Marx unterzog das Vereinigungsprogramm sogleich einer vernichtenden Kritik [65], worin er die reaktionären Implikationen Lassallescher Formulierungen wie „das eherne Lohngesetz“, „die gerechte Verteilung des Arbeitsertrags“ und „Produktivgenossenschaften mit Staatshilfe“ bloßlegte, den Aufruf zum „freien Volksstaat“ als unvereinbar mit dem Klassencharakter des Staats ablehnte und das Programm für seinen Mangel an Internationalismus missbilligte. Marx schrieb, „seine politischen Forderungen enthalten nichts außer der aller Welt bekannten demokratischen Litanei: allgemeines Wahlrecht, direkte Gesetzgebung, Volksrecht, Volkswehr etc.“ [66]
Um die Hegemonie des Marxismus in der deutschen Bewegung zu bewahren, stürzte sich Engels im Jahr 1877 in ein umfassendes Projekt und verfasste den „Anti-Dühring“. 1879 sandten Marx und Engels einen „Zirkularbrief“ an die Parteiführer, in dem sie sich über das Auftauchen nichtproletarischer Tendenzen in der Partei nachdrücklich beklagten, die den Klassenkampf ablehnten, den Klassencharakter der Partei leugneten und „es offen aussprechen, dass die Arbeiter zu ungebildet sind, sich selbst zu befreien, und erst von oben herab befreit werden müssen durch philanthropische Groß- und Kleinbürger“. [67] Noch im Jahr 1879 protestierte Engels gegen die „unzeitige Sanftmut Liebknechts im Reichstag“ [68] vor Bismarcks Sozialistengesetzen und gegen die opportunistische Unterstützung von Bismarcks Schutzzollpolitik seitens der Reichstagsfraktion der SAPD, für die Marx nur Spott übrig hatte: „[...] sie sind schon so weit vom parlamentarischen Idiotismus angegriffen, dass sie glauben, über der Kritik zu stehn [...]“. [69]
Wir sollten diese heftige und oft wiederholte Kritik jedoch nicht missverstehen. Darin drückte sich keine Feindseligkeit der deutschen Sozialdemokratie gegenüber aus, sondern Marx’ und Engels’ besonderes Interesse an und ihre Sorge um die Organisation, die sie wiederholt als „unsere Partei“ bezeichneten. Sie bekämpften jeden offenen Ausdruck von Reformismus oder Kapitulation vor der bürgerlichen Demokratie, lösten aber niemals ihre Bande der „Solidarität“ [70] mit der deutschen Partei, die auf diese Weise und mit ihrem Segen in den Augen der übrigen Welt zum Musterbeispiel für eine marxistische Partei avancierte.
Marx und Engels übersahen ganz einfach die eigentliche Gefahr, die nicht darin lag, was die Partei sagte, sondern wie sie handelte und was sie war. Dieses Problem kam mehrere Jahre später in der sogenannten Revisionismusdebatte zum Vorschein, als Eduard Bernstein ein offenes Bekenntnis zum Reformismus forderte. In einem Brief an Bernstein schrieb daraufhin der bayerische Sozialist Ignaz Auer durchaus scharfsinnig: „Mein lieber Ede, das, was du verlangst, so etwas beschließt man nicht, so etwas sagt man nicht, so etwas tut man. Unsere ganze Tätigkeit – auch unter dem Schandgesetz – war die Tätigkeit einer sozialdemokratischen Reformpartei. Eine Partei, die mit den Massen rechnet, kann auch gar nichts anderes sein.“ [71]
Das Grundproblem war das falsche Verständnis von dem Verhältnis zwischen Partei und Arbeiterklasse, wonach eine breit aufgestellte Partei allmählich und reibungslos wächst und immer weitere Schichten des Proletariats in ihren Reihen organisiert, bis sie schließlich die überwältigende Mehrheit umfasst. Weder Marx noch Engels stellten diese Auffassung jemals klar infrage.
Wie Chris Harman bemerkte: „Entscheidend für die sozialdemokratische Parteitheorie ist, dass die Partei die Klasse repräsentiert.“ [72] Die Klasse repräsentieren heißt aber, die verschiedenen Strömungen in der Klasse zu repräsentieren. Auch wenn sie um die Vorherrschaft des Marxismus kämpften, akzeptierten Marx und Engels diese Grundannahme. So schrieb Engels im Jahr 1890: „Die Partei ist so groß, dass absolute Freiheit in der Debatte innerhalb ihrer eine Notwendigkeit ist [...] Die größte Partei im Reich kann nicht bestehn, ohne dass alle Schattierungen in ihr vollauf zu Worte kommen [...]“ [73] In Zeiten kapitalistischen Wachstums und Stabilität, wenn der Reformismus in der Arbeiterklasse weit verbreitetet ist, muss eine Partei, die diese Klasse in ihrer Gesamtheit zu repräsentieren versucht, ebenfalls reformistisch sein – selbst wenn sie das nicht offen eingesteht.
Reformistische Arbeiter und reformistische politische Führer sind aber keinesfalls das Gleiche. Das Bewusstsein eines gewöhnlichen Arbeiters ist eine Mischung aus oft widersprüchlichen Elementen und kann sich daher schnell verändern, wenn seine materiellen Bedürfnisse ihn dazu treiben, wenn er an Kämpfen unmittelbar teilnimmt oder wenn sich die allgemeine politische Lage plötzlich ändert. Das Bewusstsein eines Anführers hingegen ist viel entwickelter und konsistenter – gerade das macht ihn zum Führer – und daher resistenter gegen Veränderung. Außerdem ist er nicht den gleichen materiellen Zwängen unterworfen wie der Arbeiter, weil er in aller Regel eine privilegierte Stellung, zum Beispiel als Abgeordneter oder hauptamtlicher Gewerkschaftsfunktionär, eingenommen hat. Daraus folgt: Wer die Arbeiterklasse in ihrer reformistischen Phase repräsentiert, wird sich ihr entgegenstellen und sie verraten, sobald die Klasse in eine revolutionäre Phase eintritt. Um in einer revolutionären Situation Seite an Seite mit der Arbeiterklasse kämpfen zu können, muss die Partei in der Zeit vor der Revolution der Klasse etwas voraus sein. Die Partei hört dabei nicht auf, die Interessen der Klasse als Ganze zu vertreten. Aber das kann sie nur leisten, wenn sie ihre Mitgliedschaft auf Personen beschränkt, die die Interessen der Klasse als Ganze über persönliche, branchenmäßige, nationale oder momentbezogene Egoismen stellen – mit anderen Worten auf Revolutionäre.
Wenn Marx diese zentrale Prämisse für eine Theorie der revolutionären Partei niemals ausformulierte oder weiterentwickelte, liegt das wie gesagt an seinem „optimistischen Evolutionismus“, an der Vorstellung von der allmählichen und reibungslosen Entwicklung des politischen Klassenbewusstseins von Arbeitern, das sich mehr oder minder im Einklang mit der kapitalistischen Entwicklung entfaltet. Dass Marx an dieser Vorstellung festhielt, ist weder verwunderlich noch kann man ihm daraus einen Vorwurf machen.
Zeitlebens war Marx mit dem Problem des Reformismus kaum konfrontiert. Eine viel dringendere Aufgabe war die Überwindung der kleinbürgerlichen, sektiererischen, konspirativen und utopisch-sozialistischen Traditionen revolutionärer Organisierung aus der Zeit der Französischen Revolution und die Begründung der politischen Unabhängigkeit des Proletariats, die in den meisten europäischen Ländern gelang. Marx’ Beitrag auf diesem Gebiet war enorm. Und wenn er dabei gelegentlich den Bogen in Richtung eines ökonomischen Determinismus überspannte, ist das nur allzu verständlich. Dennoch bleibt, dass hinsichtlich der Parteitheorie die Bewegung nach Marx ungeachtet der Errungenschaften seines Werks über Marx hinausgehen musste, um den Kapitalismus zu stürzen.
2. Marx, Karl, und Friedrich Engels, Die deutsche Ideologie, in: Karl Marx, Friedrich Engels, Werke (MEW), Bd. 3, Berlin 1978, S. 54; alle MEW sind online im Originalformat verfügbar: https://marx-wirklich-studieren.net/.
3. Marx, Karl, und Friedrich Engels, „Manifest der Kommunistischen Partei“, MEW, Bd. 4, Berlin 1977, S. 463.
4. Marx, Karl, Das Kapital, Dritter Band, MEW, Bd. 25, Berlin 1964, S. 799–800.
5. Marx und Engels,Manifest, MEW, Bd. 4, S.
6. Marx und Engels, Manifest, MEW, Bd. 4, S.
7. Marx und Engels, Manifest, MEW, Bd. 4, S.
8. Siehe Draper, Hal, The Principle of Self-Emancipation in Marx and Engels, in: Socialist Register, London 1972.
9. Marx, Karl, Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte, MEW, Bd. 8, Berlin 1960, S. 198.
10. Marx, Karl, Das Elend der Philosophie, MEW, Bd. 4, Berlin 1977, S. 180–182.
11. Marx, Karl, und Friedrich Engels, Die deutsche Ideologie“, MEW, Bd. 3, Berlin 1978, S. 61, Fn.
12. Marx und Engels, Die deutsche Ideologie, MEW, Bd. 3, S. 46.
13. Marx und Engels, Manifest, MEW, Bd. 4, S. 471.
14. Marx, Karl, und Friedrich Engels, Beschlüsse der Delegiertenkonferenz der Internationalen Arbeiterassoziation, abgehalten zu London vom 17. bis 23. September 1871, Abschnitt IX., „Politische Wirksamkeit der Arbeiterklasse“, MEW, Bd. 17, Berlin 1962, S. 422.
15. Marx, Karl, Provisorische Statuten der Internationalen Arbeiter-Assoziation, MEW, Bd. 16, Berlin 1962, S. 14.
16. Marx und Engels, Manifest, MEW, Bd. 4, S. 474.
17. Leo Trotzki bezog sich auf diese Passage, als er sein Argument für die Einheitsfront gegen den Faschismus in Deutschland entwickelte. Siehe Kapitel 5.
18. Johnstone, Monty, Marx and Engels and the Concept of the Party, in Socialist Register, London 1967, S. 122.
19. Marx, Karl, an Ferdinand Freiligrath, 29. Februar 1860, MEW, Bd. 30, Berlin 1974, S. 490.
20. Marx an Freiligrath, MEW, Bd. 30, S. 495.
21. Marx, Karl, an Ludwig Kugelmann, 12. April 1871, MEW, Bd. 33, Berlin 1976, S. 206.
22. Dies scheint mir ganz allgemein die wünschenswerteste Verfahrensweise zu sein, wenn nicht, wie bei Marx, gar die einzig mögliche.
23. Engels, Friedrich, Zur Geschichte des Bundes der Kommunisten, MEW, Bd. 21, Berlin 1962, S. 215.
24. Siehe Johnstone, Marx and Engels, S. 122.
25. Engels, Friedrich, Karl Marx und die Neue Rheinische Zeitung 1848–1849“, MEW, Bd. 21, Berlin 1962, S. 18.
26. Born, Stephan, an Karl Marx, 11. Mai 1848, in: Der Bund der Kommunisten: Dokumente und Materialien, Bd. 1, Berlin 1983, S. 784.
27. Mitteilung über die Sitzung des Kreisausschusses der rheinischen demokratischen Vereine, 14. April 1849, in: Der Bund der Kommunisten: Dokumente und Materialien, Bd. 1, S. 929; siehe auch: MEW, Bd. 6, Berlin 1961, S. 426.
28. Marx, Karl, und Friedrich Engels, Ansprache der Zentralbehörde an den Bunde vom März 1850, MEW, Bd. 7, Berlin 1960, S. 244–245.
29. Marx und Engels, Ansprache der Zentralbehörde an den Bund, MEW, Bd. 7, S. 250.
30. Marx, Karl, und Friedrich Engels, Revue. Mai bis Oktober 1850, MEW, Bd. 7, Berlin 1960, S. 440.
31. Marx, Karl, an Friedrich Engels, 11. Februar 1851, MEW, Bd. 27, Berlin 1963, S. 184–185.
32. Engels, Friedrich, an Karl Marx, 13. Februar 1851, MEW, Bd. 27, Berlin 1963, S. 189.
33. Mehring, Franz, Karl Marx: Geschichte seines Lebens, in: Gesammelte Werke, Bd. 3, Berlin 1967, S. 215–216.
34. Wolfe, Bertram D., Marxism: 100 Years in the Life of a Doctrine, London 1967, S. 209.
35. Avineri, Shlomo, The Social & Political Thought of Karl Marx, Cambridge 1969, S. 255.
36. Schon ein flüchtiger Blick auf den Briefwechsel zwischen Marx und Engels zeigt, dass ihre enge Verbundenheit sie zu voreiligen und unflätigen Ausdrücken aller Art verleitete, die sie in öffentlichen Erklärungen nicht einmal im Traum benutzt hätten.
37. Marx, Karl, an Friedrich Engels, 24. November 1857, MEW, Bd. 29, Berlin 1978, S. 218.
38. Marx, an Freiligrath, 29. Februar 1860, MEW, Bd. 30, S. 489.
39. Marx und Engels, Manifest, MEW, Bd. 4, S. 474.
40. Marx, Karl, an Friedrich Engels, 4. November 1864, in MEW, Bd. 31, Berlin 1965, S. 13.
41. Als Antwort auf Bürger Weston schrieb Marx seine berühmte Broschüre Lohn, Preis und Profit, MEW, Bd. 16, Berlin 1962, S. 101–152.
42. Siehe Nicolaevsky, Boris I., Secret Societies and the First International, in Milorad Drachovitch (Hg.), The Revolutionäry Internationals 1863–1943, London 1966; ebenfalls Nicolaevskys Karl Marx – eine Biographie, das Kapitel Die Internationale Arbeiter-Assoziation, Berlin 1975, S. 268–288.
43. Marx an Engels, 4. November 1864, MEW, Bd. 31, S. 15.
44. Marx an Engels, 4. November 1864, MEW, Bd. 31, S. 16.
45. Siehe Draper, Principle of Self-Emancipation.
46. Marx, Provisorische Statuten, MEW, Bd. 16, S. 14.
47. Mehring, Karl Marx, S. 321.
48. Marx und Engels, Beschlüsse der Delegiertenkonferenz, MEW, Bd. 17, S. 421.
49. Marx und Engels, Beschlüsse der Delegiertenkonferenz, MEW, Bd. 17, S. 422.
50. Marx, Karl, und Friedrich Engels, Der Generalrat an das Zentralkomitee der Internationalen Allianz der sozialistischen Demokratie, MEW, Bd. 18, Berlin 1976, S. 15.
51. Marx, Karl, an Friedrich Bolte, 23. November 1871, MEW, Bd. 33, Berlin 1976, S. 329.
52. Bakunin, Michael, an Albert Richard, in: Michael Bakunin, Gesammelte Werke, Band III, Berlin 1924, Seite 97ff.; http://www.anarchismus.at/anarchistische-klassiker/michail-bakunin/11-bakunin-kollektive-diktatur.
53. Johnstone, Marx and Engels, S. 134. Marx, Karl, an Paul Lafargue, 19. April 1870, MEW, Bd. 32, Berlin 1974, S. 677.
54. Marx brachte Bakunin mit den Aktivitäten des irregeleiteten russischen Verschwörers Sergei Netschajew in Verbindung und beschuldigte ihn ferner, ihn bei der Übersetzung des Kapitals um 300 Rubel betrogen zu haben.
55. Gespräch zwischen Hamann, Vorsitzender der Allgemeinen deutschen Metallarbeitergewerkschaft, und Karl Marx am 30. September 1869, wiedergegeben von Hamann in Volksstaat, 1869, Nr. 17. Karl Kautsky kommentiert diese Stelle kritisch in Sekte oder Klassenpartei, in: Die neue Zeit: Wochenschrift der deutschen Sozialdemokratie, 27. Jahrgang, 2. Band, Nr. 27, 1909, S. 4–14. Siehe auch: http://library.fes.de/cgi-bin/neuzeit.pl?id=07.07092&dok=1908-09b&f=190809b_0004&l=190809b_0014&c=190809b_0004.
56. Marx an Bolte, 23. November 1871, MEW, Bd. 33, Berlin 1976, S. 332–333.
57. Engels, Friedrich, an Joseph Block, 21./22. September 1890, MEW, Bd. 37, Berlin 1967, S. 465.
58. Engels, Friedrich, an Eduard Bernstein, 27. Februar bis 1. März 1883, MEW, Bd. 35, Berlin 1967, S. 442.
59. Engels, Friedrich, an August Bebel, 20. Juni 1873, MEW, Bd. 33, Berlin 1976, S. 590–591.
60. Engels, Friedrich, an Friedrich Adolph Sorge, 12.–17. September 1874, MEW, Bd. 33, Berlin 1976, S. 642.
61. Engels, Friedrich, Die Trade-Unions in: The Labour Standard, Nr. 5 vom 4. Juni 1881, MEW, Bd. 19, Berlin 1987, S. 260.
62. Engels, Friedrich, an Florence Kelley-Wischnewetzky, 28. Dezember 1886, MEW, Bd. 36, Berlin 1979, S. 589–590.
63. Engels, Friedrich, an Eduard Bernstein, 20. Oktober 1882, MEW, Bd. 35, Berlin 1967, S. 373–374.
64. Engels, Friedrich, an August Bebel, 12. Oktober 1875, MEW, Bd. 34, Berlin 1966, S. 158.
65. Marx, Karl, Kritik des Gothaer Programms, MEW, Bd. 19, Berlin 1987, S. 1132.
66. Marx, Kritik des Gothaer Programms, S. 29.
67. Marx, Karl, und Friedrich Engels an August Bebel, Wilhelm Liebknecht, Wilhelm Bracke u. a., 17./18. September 1879, MEW, Bd. 34, Berlin 1966, S. 408.
68. Engels, Friedrich, an Johann Philipp Becker, 1. Juli 1879, MEW, Bd. 34, Berlin 1966, S. 382.
69. Marx, Karl, an Friedrich Adolph Sorge, 19. September 1879, MEW, Bd. 34, Berlin 1966, S. 413–414.
70. Marx, Karl, und Friedrich Engels, Zirkularbrief an Bebel, Liebknecht, Bracke u. a., MEW, Bd. 19, Berlin 1987, S. 166.
71. Bauer, Ignaz, an Eduard Bernstein, Juli 1899, in: Hermann Weber, Das Prinzip Links – Beiträge zur Diskussion des demokratischen Sozialismus in Deutschland 1848–1990. Eine Dokumentation, Berlin 1991, Dok. 36, S. 107. Mit „Schandgesetz“ sind Bismarcks „Sozialistengesetze“ gemeint, die von 1878 bis 1890 in Kraft waren.
72. Harman, Chris, Partei und Klasse, Frankfurt am Main 1989, S. 10.
73. Engels, Friedrich, an Friedrich Adolph Sorge, 9. August 1890, Werke, Bd. 37, Berlin 1967, S. 440.
Vorwort | 2. Lenin und die Geburt des Bolschewismus
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Zuletzt aktualisiert am 21. Dezember 2022