Chris Harman


Partei und Klasse

(1968)


Ursprünglich veröffentlicht in International Socialism (1. Serie), Nr.35, Winter 1968/69, S.24-32.
Diese Übersetzung basiert auf der zweiten deutschen Ausgabe von 1989.
© 2002 Chris Harman. Alle Rechte liegen beim Autor.
Kopiert von der alten Linksruck-Webseite in Archive.org.
HTML-Markierung: Einde O’Callaghan für das Marxists’ Internet Archive.




Vorwort (von 1986)

Diese Broschüre erschien das erstemal als Artikel im International Socialist Journal Ende 1968.

Damals gärte es international unter der gesamten Linken. Der Krieg der USA gegen Vietnam ließ Hunderttausende von Menschen die blutgetränkte Realität sehen, die hinter den Sprüchen der etablierten politischen Parteien über „Demokratie“ lag. Und der große französische Generalstreik im Mai 68 zeigte die Möglichkeit einer alternativen Politik, die sich auf eine Arbeiterrevolution stützte. Organisationen von revolutionären Sozialisten schossen überall aus dem Boden. Revolutionäre Ideen wurden zu einer realen politischen Kraft, als sie die Vorstellungen einer ganz neuen Generation von Aktivisten ergriffen, die in der Anti-Kriegsbewegung, der Studenten-, der Schwarzen- und der Arbeiterbewegung kämpften.

Die neuen Aktivisten waren zudem stark beeinflußt von einem anderen entscheidenden Ereignis in diesem Jahr: die russische Invasion in der Tschechoslowakei. Es brachte sie dazu, nicht nur die westlichen Kapitalisten abzulehnen, sondern auch das russische System. Aber etwas anderes wurde ebenfalls in der Zeit in Frage gestellt – die Notwendigkeit für eine revolutionäre Partei. Eine zentralisierte revolutionäre Organisation wurde meistens mit „Stalinismus“ gleichgesetzt und deswegen abgelehnt. Es wurde gesagt, die Explosion von kreativer Energie in den Mai-Ereignissen in Frankreich zeige, daß revolutionäre Parteien alten Stils weder notwendig noch erstrebenswert seien.

Die Debatte fand auch in der Organisation statt, in der ich Mitglied bin – damals die Internationalen Sozialisten – und seitdem umbenannt in Socialist Workers Party. Partei und Klasse war ein Beitrag zu dieser Debatte. Er versuchte, die Argumente aufzugreifen und die Bedeutung der revolutionären marxistischen Tradition wieder zur Geltung zu bringen, die vor dem Aufstieg des Stalinismus bestanden hatte.

In den Jahren unmittelbar nach 1968 verblaßten die Argumente gegen die Partei und den demokratischen Zentralismus.

Die dringenden Aufgaben des alltäglichen Kampfes und die politischen Diskussionen überzeugten im allgemeinen die Aktivisten von der Notwendigkeit einer Parteiorganisation. Wie sonst, dachten sie, sind wir in der Lage, einem Staat gegenüberzutreten, der bereit ist, Menschen auf der Straße zu erschießen und Militante ohne Prozeß in den Knast zu schicken – wie es die Praxis der Briten in Nord-Irland ist –, oppositionelle Gruppen zu infiltrieren und führende Personen zu ermorden – die Praxis des FBI in der Schwarzen-Bewegung in den USA –, zu konspirieren, um demokratisch gewählte Regime zu stürzen, wie in Griechenland 1967, Chile 1973 und der Türkei 1980.

Während 1968 auf das spontane Wachsen von Massenbewegungen gesetzt wurde zur Veränderung der Gesellschaft, lag die Betonung 1973 und 1974 auf dem Aufbau zentralisierter Parteien. In den meisten Ländern wurden zwei, drei oder sogar vier solcher Parteien unter großen Anstrengungen und der Selbstaufopferung der Mitglieder gegründet.

Aber Ende der 70er und Anfang der 80er lebten die Diskussionen über Partei und demokratischen Zentralismus wieder auf.

Die Parteien, die in dem vorhergehenden Jahrzehnt aufgebaut worden waren, hatten nicht die Hoffnungen erfüllt, unter denen ihre Mitglieder bereit gewesen waren, solche Anstrengungen und Opfer auf sich zu nehmen. In keinem entwickelten Land hatte die Revolution gesiegt. Die alte Ordnung blieb intakt, mit Reagan in den USA, Thatcher in Großbritannien, Craxi in Italien, Felipe Gonzales in Spanien und Kohl in der BRD.

Eine Reihe wirtschaftlicher Krisen traf alle Länder, die Arbeitslosigkeit wuchs, immer mehr Menschen lebten in äußerster Armut, und ganze Landstriche in der Dritten Welt litten unter Hungersnöten. Aber die revolutionären Parteien erzielten nicht den Durchbruch, von dem sie geträumt hatten. Stattdessen gingen sie in vielen Ländern durch eine Periode, wo sie eher gegeneinander konkurrierten – sogar mit physischer Gewalt –, ehe sie endgültig zerfielen oder den Marxismus aufgaben.

Das war das Schicksal des KB, des KBW und der KPD in Westdeutschland, der PT und der ORT in Spanien, von Lotta Continua in Italien, der PRP in Portugal, der RCP und CP(ML) in den USA.

Die einfachste Schlußfolgerung für diejenigen, die Jahre für diese Parteien gearbeitet hatten, war: der ganze Versuch, Parteien aufzubauen, sogar der ganze Versuch, die Gesellschaft zu verändern, war ein Irrtum. Für die von sozialistischer Politik neu angezogenen Menschen war es das Einfachste, nach anderen Methoden zu suchen, wobei – wie 1968 – der Aufbau (oder Wiederaufbau) von verschiedenen „Bewegungen“ als eine bessere Alternative zum Aufbau einer Partei gesehen wurde.

Parteiaufbau wurde häufig abgelehnt als eine Form des „Stalinismus“, Macho-Politik. Es ist nicht schwer nachzuvollziehen, warum viele ernsthafte sozialistische Aktivisten zu dieser Schlußfolgerung kamen. Sie ist dennoch falsch. Aus verschiedenen Gründen.

Erstens: Die revolutionären Möglichkeiten der späten 60er und Anfang der 70er Jahre wurden überschätzt. Aber das heißt nicht, daß es keine revolutionäre Situation Ende der 80er und in den 90er Jahren geben wird.

Die Krise des kapitalistischen Weltsystems zeigt keine Anzeichen, daß sie zuende gehen könnte. Und obwohl das nicht heißt, daß es ein bestimmtes, gleichmäßig hohes Niveau sozialistischer Kämpfe gegen das System geben wird, führt sie immer wieder, in einem Land nach dem anderen, zu plötzlichen Explosionen der Unzufriedenheit: Massenstreik in Polen 1980-81, Belgien 1983, Bergarbeiterstreik in Großbritannien 1984, der annähernde Generalstreik in Dänemark und Griechenland 1985, der Neuaufschwung des Massen-Gewerkschaftswesens in Brasilien nach fast 20 Jahren der Diktatur, die riesigen Demonstrationen, die Pinochets Chile geschüttelt haben, und der gewaltige Aufschwung von Kämpfen der schwarzen Bevölkerung von Süd-Afrika.

In jedem dieser Fälle haben wir gesehen, daß die Quelle von Wohlstand und Macht für das System – die Arbeiter in Fabriken, Minen und Verwaltungen – plötzlich zu einer Bedrohung für das System werden können.

Zweitens: In all diesen Fällen kam die Frage auf, wie die Arbeiterbewegung koordiniert ist, wie sie sich zusammenschließt, um es mit der ihr gegenüberstehenden zentralisierten Staatsmacht aufzunehmen. Und damit stellte sich auch die Frage, ob Arbeiter an eine schrittweise Reform des bestehenden Systems glauben oder daran, daß es zerstört werden müsse, so daß eine Gesellschaft auf einer neuen Grundlage aufgebaut werden kann.

Kurzgefaßt: all die Probleme, die Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre zum Aufbau von Parteien führten, bleiben bestehen – als Probleme, denen nicht einfach durch den Aufbau von „Bewegungen“ aus dem Weg gegangen werden kann. Denn in den Bewegungen sind sowohl diejenigen, die das System reformieren wollen, als auch diejenigen, die es zerschlagen wollen, diejenigen, die die zentrale Macht des Staates ignorieren und die, die sich ihr entgegenstellen wollen. Es gibt einen dritten Grund, warum das Argument über das Scheitern der Nach-68er-Parteien falsch ist. Es unterstellt, daß das Vorgehen dieser Parteien das einzig mögliche ist.

Auch hier sind die meisten Argumente, die ich in dieser Broschüre 1968 entwickelt habe, nach wie vor richtig.

Denn die Art von Partei, die die meisten Linken nach 1968 international versuchten aufzubauen, orientierten sich an einem Modell, das wirkliche Revolutionäre hätten ablehnen müssen – das stalinistische Modell. Der große Fehler war, Breschnjews Russland abzulehnen, aber in Maos China eine Alternative zu sehen.

Die herrschende Partei in China war im Kern dieselbe wie die in Russland. Eine Partei, die die Gesellschaft von oben nach unten lenkte, angeblich im Interesse der Masse der Arbeiter und Bauern, aber absolut unabhängig von deren eigenen Wünschen. Und die Partei selbst war entsprechend organisiert. Ohne grundlegende Mechanismen innerer Demokratie – offene Diskussion, Kritikfreiheit für die Basis gegenüber der Führung, offene Wahlen für die Führungsgremien usw. Sogar die „Kulturrevolution“ von 1966-67, die mit diesem Muster zu brechen schien, tat es nicht wirklich: Diskussion und Kritik begannen, wenn Mao es dekretierte – und wurden gestoppt, nicht selten mit Waffengewalt nach Januar 1967, als Mao es anordnete.

Das erste Mal als Tragödie, das zweite Mal als Farce: Der Versuch, das Modell der monolithischen Partei der chinesischen Machthaber auf die Arbeiterbewegung im Westen zu übertragen, mußte scheitern. Er ging davon aus, daß eine Elite von Revolutionären der Basis der revolutionären Parteien die für einen Sieg notwendige Strategie und Taktik diktieren könne. Aber es gibt nur einen Weg, als Führung einer revolutionären Organisation zu erfahren, ob die vorgeschlagene Strategie und Taktik richtig ist: wenn die Mitglieder sie kritisieren und Änderungen verlangen, weil sie in der Praxis nicht funktioniert.

Ohne freie Diskussion, sogar großen Meinungsdifferenzen innerhalb der Partei, kann die Partei nicht realistisch auf die Auf- und Abschwünge einer Arbeiterbewegung reagieren.

Der daraus folgende Mangel an Realismus machte so viele Anstrengungen der Mitglieder maoistisch beeinflußter Parteien unproduktiv. Aber dies Versagen konnte zu einem Teufelskreis führen. Mitglieder reagierten zuerst nicht mit der Überprüfung der Parteimeinungen, sondern indem sie sich umso dogmatischer an sie klammerten, aus Furcht, sich Kritik zu stellen. Das machte den schließlichen Zusammenbruch und die Desillusionierung um ein Vielfaches traumatischer als es notwendig gewesen wäre.

Zudem setzte die Desillusionierung gegenüber dem Parteiaufbau im Westen in vielen Fällen in den Jahren 1977-79 ein, als die harte Wirklichkeit über das Leben in China oder – noch schlimmer – in Kambodscha ans Licht kam. Von unkritischem Lob dieser Regime machten viele eine Kehrtwendung zu neuen Illusionen in die Regime der USA und Europas.

Die Politik, die zu diesem Kreislauf von Illusion und Desillusionierung geführt hatte, war nicht nur maoistische Politik. Einige Organisationen, die für sich in Anspruch nahmen, in der anti-stalinistischen Tradition Trotzkis zu stehen, erlitten dasselbe Schicksal.

Aber auch hier gab es wichtige Reste stalinistischer Ideen – der Glaube, daß es Osteuropa und China letztendlich möglich gewesen sei, einen sozialistischen Weg einzuschlagen, ohne daß die Arbeiterklasse selbst die Kontrolle über die Gesellschaft übernommen hatte – mit einer stalinistischen Partei, die an Stelle der Arbeiterklasse agierte. Von hier war es kein großer Schritt zu versuchen, Parteien im Westen mit deutlichen stalinistischen Eigenschaften zu bilden – die Ablehnung interner Kritik und Debatte, der Führerkult, und das Ignorieren der Realität, die im Widerspruch zur Parteidoktrin stand.

Diese Broschüre sollte nicht nur gegen die stalinistischen Deformationen einer revolutionären Partei argumentieren. Sie sollte auch die Gemeinsamkeiten zwischen der stalinistischen und der reformistischen Methode aufzeigen. Beide gehen davon aus, daß der Sozialismus „von oben“ kommt, daß eine wohlmeinende Elite die Gesellschaft für die unwissenden Massen unten verändert: Ein Punkt von unveränderter Wichtigkeit, weil viele Aktivisten in Europa und den USA, die maoistische Parteien aufbauen wollten, heute versuchen, bestehende Parteien – die sozialistischen und kommunistischen Parteien Europas, die Demokratische Partei in den USA – zu „unterwandern“.

Es gibt eine Alternative zu den Varianten des „Sozialismus von oben“, eine Alternative, die darauf besteht, daß Sozialismus nur auf der Basis realer Arbeiterdemokratie möglich ist. Jeder andere Versuch kann nur in den schrecklichsten Deformationen des Ideals vom Sozialismus enden. Arbeiterdemokratie hat allerdings nichts zu tun mit den Wahl-Institutionen des Westen, die den Arbeitern jede Kontrolle über die wichtigsten Bereiche ihres Lebens verwehren.

Arbeiterdemokratie steht nicht im Gegensatz zu Parteien, sondern sie setzt Diskussionen und Kontroversen zwischen den verschiedenen Parteien voraus, die aus den Arbeiterkämpfen entstehen. Wer an die Revolution statt die Reform glaubt, muß versuchen, eine eigene Partei aufzubauen, um in die Kontroversen einzugreifen. Dies ist auch die Rechtfertigung für den Nachdruck dieser achtzehn Jahre alten Broschüre. Viele der Argumente von 1968 sind nach wie vor richtig. Es gibt aber zwei Punkte, bei denen ich denke, daß die Argumente mangelhaft sind.

Erstens beginnt es nicht mit den enormen praktischen und politischen Schwierigkeiten, eine sozialistische Partei unter den aktuellen historischen Umständen aufzubauen, mit den Drehungen und Wendungen, die von Zeit zu Zeit notwendig sind, um die Verbindung zwischen der prinzipiellen Politik einer revolutionären Organisation und den militantesten und aktivsten Teilen der Arbeiterklasse sicherzustellen. Die Leser sollten deshalb nach dieser Broschüre den ersten Band der Biographie Lenins von Tony Cliff lesen.

Zweitens: Gelegentlich sind die Argumente in dieser Broschüre übermäßig „intellektualistisch“. Es wird von der Notwendigkeit für die Partei gesprochen, „die neuen Mitglieder auf das Niveau der Ältesten zu heben.“ Sicher, die neuen, jungen Mitglieder müssen die Theorien des Sozialismus und die Geschichte der Arbeiterbewegung studieren. Ohne diese Arbeit kann man nicht lange als Revolutionär überleben in einer Periode, die mehr von Niederlagen als von Siegen gekennzeichnet ist.

Aber es sind nicht immer die alten Mitglieder, die diese Ideen am besten vermitteln. Sie sind oft müde und verlieren ihre Fähigkeiten, wenn das Niveau der Klassenkämpfe relativ niedrig ist. Oft ist es allein die Energie und der Enthusiasmus jüngerer Mitglieder, die einige von ihnen mitreißt.

Die Broschüre spricht von einer „Beschränkung“ der Partei-Mitgliedschaft „auf diejenigen, die bereit sind, ernsthaft und wissenschaftlich ihre eigene Aktivität und die der Partei im allgemeinen zu analysieren.“ Besser wäre es zu sagen, daß die Partei vermeiden muß, ihre Mitgliedszahlen durch das Gewinnen von Menschen zu erhöhen, die nicht verstehen, daß der Kampf nicht nur eine Frage des einen oder anderen unmittelbaren Themas ist, sondern gegen ein totales System. Nur dann basiert die Partei auf den Bedürfnissen aller Unterdrückten und Ausgebeuteten und nicht auf den Forderungen einzelner sektionaler Kämpfe.

Die Gefahr ist nicht, daß eine kleine revolutionäre Organisation „verwässert“ wird durch begeisterte neue Mitglieder. Vielmehr dürfen die Mitglieder (alte und neue) nicht vergessen, daß die einzelne Aktivität, an der sie teilnehmen, nur Teil eines viel größeren revolutionären Kampfes ist.

Chris Harman
Juni 1986


Partei und Klasse

Nur wenige Fragen haben so heftige Streitigkeiten in marxistischen Kreisen ausgelöst, wie die nach dem Verhältnis von Partei und Klasse. Vermutlich sind die Diskussionen über dieses Thema hitziger gewesen als alle anderen. Generation für Generation wirft man dabei mit Begriffen wie „bürokratisch“, „substitutionistisch“, „elitär“ oder „autokratisch“ um sich.

Die Prinzipien, die dieser Debatte zugrunde liegen, wurden für gewöhnlich durcheinander gebracht. Z.B. waren bei der Spaltung der Bolschewiki und Menschewiki 1903 über die Frage der Organisation der Partei viele in Lenins Fraktion, die 1917 auf der anderen Seite der Barrikaden standen (z.B. Plechanow), während unter Lenins Gegnern Revolutionäre vom Format Trotzkis und Rosa Luxemburgs waren. Diese Verwirrung war kein einmaliges Ereignis, sondern kennzeichnete alle Diskussionen unter Revolutionären. Es lohnt sich, sich Trotzkis Antwort auf Paul Levi beim zweiten Kongreß der Komintern ins Gedächtnis zu rufen. Levi hatte behauptet, daß die Masse der Arbeiter in Europa und Amerika die Notwendigkeit einer Partei einsähen. Trotzki wies darauf hin, daß die Situation viel komplizierter war:

Weil ich weiß, daß eine Partei notwendig ist, und weil ich den Wert der Partei ganz gut kenne, und weil ich einerseits Scheidemann und andererseits einen amerikanischen, einen spanischen, einen französischen Syndikalisten habe, der nicht nur das Bürgertum zu bekämpfen gewillt ist, wie es auch Scheidemann gewillt war, sondern auch wirklich ihm den Kopf abreißen will, so sage ich: Ich ziehe vor, mit diesem spanischen, amerikanischen, französischen Genossen mich auseinanderzusetzen, um ihm für seine geschichtliche Mission ... die Notwendigkeit der Partei zu beweisen. Ich werde ihn kameradschaftlich belehren, mich dabei auf meine Erfahrung stützen, ihm aber nicht die große Erfahrung von Scheidemann gegenüberstellen und sagen: für die Mehrheit ist diese Frage schon gelöst ... Was habe ich mit einem Renaudel zu tun, der die Notwendigkeit der Partei sehr gut begreift, oder mit Albert Thomas und den anderen Herren, deren Namen ich nicht nennen will, um nicht gegen die Regeln des guten Tones zu verstoßen? [1]

Die Schwierigkeit, auf die Trotzki hinweist, daß nämlich Sozialdemokraten genauso wie Bolschewiki von der „Notwendigkeit einer Partei“ sprechen, aber darunter völlig Verschiedenes verstehen, ist seither durch den Aufstieg des Stalinismus noch vergrößert worden. Das Vokabular des Bolschewismus wurde von Stalin übernommen und für absolut entgegengesetzte Ziele eingesetzt. Aber auch diejenigen, die die revolutionäre Tradition in Opposition zum Stalinismus und zur Sozialdemokratie aufrechterhielten, haben oft genug Trotzkis Bemerkungen von 1920 nicht ernst genommen. Sie haben sich, um die Notwendigkeit einer Partei zu beweisen, häufig auf „Erfahrung“ gestützt, obwohl es die Erfahrung von Stalinismus und Sozialdemokratie war.

Ich behaupte, daß daher der größte Teil der Diskussionen, auch in revolutionären Zirkeln, eine Diskussion für oder gegen im Kern stalinistische oder sozialdemokratische Organisationsmodelle ist. Die organisatorische Perspektive, die Lenin indirekt in seinen Schriften und in seiner Praxis entwickelt hat, unterscheidet sich radikal von diesen beiden Konzeptionen. Sie wurde entstellt durch die stalinistische Verfälschung von Theorie und Praxis der Oktoberrevolution und durch die Tatsache, daß die bolschewistische Partei in der Illegalität entstand und die Sprache häufig die der orthodoxen Sozialdemokratie war.
 

Die sozialdemokratische Sicht von Partei und Klasse

Die klassischen Theorien der Sozialdemokratie – die bis 1914 von keinem Marxisten grundsätzlich in Frage gestellt wurden – räumten der Partei notwendigerweise eine zentrale Rolle in der Entwicklung hin zum Sozialismus ein, weil sie davon ausgingen, daß sich diese Entwicklung vor allem durch ein allmähliches und stetiges Anwachsen der Organisation und des Bewußtseins der Arbeiterklasse im Kapitalismus vollziehe. Selbst Marxisten wie Kautsky, die die Vorstellung von einem allmählichen Übergang zum Sozialismus ablehnten, glaubten, daß es für die Gegenwart notwendig sei, die Organisation zu stärken und noch größeren Anhang in der Wählerschaft zu gewinnen. Das Wachsen der Partei war erforderlich, um in dem Moment, wenn der Übergang zum Sozialismus unvermeidlich anstünde – sei es durch Wahlen oder durch Verteidigungskämpfe der Arbeiterklasse –, eine Partei zu haben, die in der Lage ist, die Macht zu übernehmen und die Grundlage des neuen Staates (bzw. des umgewandelten alten) zu bilden.

Die Entwicklung einer Arbeiter-Massenpartei hielt man für eine zwangsläufige Entsprechung der Entwicklungstendenzen des Kapitalismus. „Immer größer wird die Zahl der Proletarier, immer massenhafter die Armee der überschüssigen Arbeiter, immer schroffer der Gegensatz zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten“ [2], Krisen werden „immer umfangreicher und verheerender“ [3], „die Mehrheit der Bevölkerung versinkt immer tiefer in Not und Elend“ [4], „die Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs werden immer kürzer, die Zeiten der Krisen immer länger“. [5] Dies treibt immer mehr Arbeiter in „instinktive Auflehnung gegen das Bestehende“. [6] Die Sozialdemokratie, die die „Wissenschaft selbständig über das von den bürgerlichen Denkern erreichte Maß“ hinausführt [7], hat die Aufgabe, die Arbeiter auf eine Stufe zu heben, von der aus sie eine „klare Einsicht in die gesellschaftlichen Verhältnisse“ haben. [8] Solch eine Bewegung, „die aus der Verschärfung der Klassengegensätze hervorgeht, kann dagegen nur zeitweise Niederlagen erleiden, sie muß schließlich siegen.“ [9] „Revolutionen hängen nicht vom Willen ab ... Sie kommen mit unausweichlicher Notwendigkeit.“ Der zentrale Mechanismus in dieser Entwicklung ist der der Parlamentswahlen (obwohl selbst Kautsky in der Zeit unmittelbar nach 1905-6 mit dem Gedanken des Generalstreiks spielte). [10] „Wir haben aber keinen Grund anzunehmen, daß bewaffnete Insurrektionen ... heute noch ... eine entscheidende Rolle spielen können“. [11] Vielmehr gehören die Kämpfe ums Parlament „zu den wirksamsten Hebeln, das Proletariat aus seiner wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und moralischen Erniedrigung zu erheben.“ [12] Indem die Arbeiterklasse es benutzt, „beginnt denn auch der Parlamentarismus sein früheres Wesen zu ändern. Er hört auf, ein bloßes Herrschaftsmittel der Bourgeoisie zu sein.“ [13] Langfristig müssen solche Aktivitäten zu einer Organisierung der Arbeiterklasse und zu einer Situation führen, in der die Sozialistische Partei die Mehrheit hat und die Regierung bilden wird. Die Arbeiterpartei „muß danach trachten, die Staatsgewalt sich, das heißt den Interessen der Klasse, die sie vertritt, dienstbar zu machen, sie muß danach trachten, die herrschende Partei im Staat zu werden.“ Und „ ... naturnotwendig führt die ökonomische Entwicklung die Erreichung (dieses Ziels) herbei.“ [14] Diese Perspektive bildete nicht nur die Grundlage für die meisten Aktionen von Sozialisten in ganz West-Europa in den vierzig Jahren vor dem ersten Weltkrieg, sie blieb auch theoretisch – jedenfalls von der Linken – so gut wie unwidersprochen. Lenins Erstaunen darüber, daß die SPD den Krieg unterstützte, ist wohl bekannt. Was dagegen meistens nicht verstanden wurde, ist, daß selbst Kautskys linke Kritiker, wie Rosa Luxemburg, die Grundlagen seiner Theorie über das Verhältnis von Partei und Klasse und der daraus folgenden Entfaltung des Klassenbewußtseins nicht zurückgewiesen hatten. Ihre Kritik an Kautsky blieb mehr oder weniger innerhalb des theoretischen Rahmens, den Kautsky vorgegeben hatte. Entscheidend für die sozialdemokratische Parteitheorie ist, daß die Partei die Klasse repräsentiert. Außerhalb der Partei hat die Arbeiterklasse kein Bewußtsein. Kautsky selbst schien eine geradezu pathologische Angst davor zu haben, was die Arbeiter wohl ohne die Partei tun würden, und vor den Gefahren einer „vorzeitigen“ Revolution. Die Partei muß die Macht ergreifen. Andere Formen von Arbeiterorganisationen und Aktivitäten können dabei helfen, sie müssen sich jedoch dem Träger des politischen Bewußtseins unterordnen. Diese „‚direkte Aktion‘ der Gewerkschaften kann sich nur als Ergänzung und Verstärkung, nicht als Ersetzung der parlamentarischen Tätigkeit zweckmäßig betätigen.“ [15]
 

Die revolutionäre Linke und die sozialdemokratischen Theorien

Die Diskussionen über die Organisation der Partei, wie sie vor 1917 geführt wurden, sind nur zu verstehen, wenn man sich klar macht, daß die sozialdemokratische Auffassung vom Verhältnis zwischen Partei und Klasse von niemandem ausdrücklich infrage gestellt wurde (außer von den Anarchisten, die jede Form von Partei ablehnten). Ihre Grundannahmen wurden sogar von denen geteilt, die – wie Rosa Luxemburg – vom Standpunkt der massenhaften Selbstaktivität der Arbeiterklasse aus in Opposition zur orthodoxen Sozialdemokratie standen. Das war nicht einfach eine theoretische Schwäche, sondern folgte aus der historischen Situation. Die Pariser Kommune war bis dahin das einzige praktische Beispiel für Arbeitermacht, und sie überlebte nur zwei Monate in einer vorwiegend kleinbürgerlichen Stadt. Selbst die Revolution von 1905 war nur eine Andeutung, wie ein Arbeiterstaat organisiert sein würde. Die Sowjets oder Arbeiterräte wurden nicht als grundlegende Form der Arbeitermacht erkannt. Deshalb erwähnt Trotzki, der 1905 Vorsitzender des Petrograder Sowjets war, sie auch nicht in „Ergebnisse und Perspektiven“, seiner Analyse über die Lehren von 1905. Obwohl er fast als einziger den sozialistischen Charakter der russischen Revolution voraussah, war er sich nicht im klaren darüber, welche Form sie annehmen würde.

Die Revolution ist in erster Linie ein Machtproblem – kein Problem der staatlichen Form (Konstituierende Versammlung, Republik, Vereinigte Staaten), sondern ein Problem des sozialen Inhalts der Macht. [16]

Eine ähnliche Leerstelle gab es in Rosa Luxemburgs Antwort auf das Jahr 1905 in ihrer Schrift Der Massenstreik. Und erst nach der Februar-Revolution von 1917 rückten die Sowjets ins Zentrum von Lenins Schriften und Überlegungen. [17]

Die revolutionäre Linke akzeptierte niemals völlig Kautskys Position, der in der Partei den direkten Vorläufer des Arbeiterstaates sah. In Rosa Luxemburgs Schriften z.B. wird zwar der Konservativismus der Partei erkannt und die Notwendigkeit, daß die Massen bereits in einem sehr frühen Stadium diesen engen Rahmen sprengen. [18] Die offizielle sozialdemokratische Position hat sie aber niemals ausdrücklich zurückgewiesen. Ohne theoretisch das Verhältnis zwischen Partei und Klasse zu klären, konnte es auch keine Klarheit geben über die richtige interne Organisation der Partei. Ohne Ablehnung des sozialdemokratischen Modells, konnte eine wirkliche Diskussion über revolutionäre Organisation nicht beginnen.

Am deutlichsten wird das bei Rosa Luxemburg. Man sollte nicht in die (sorgsam von Stalinisten und Möchtegern-Anhängern von Luxemburg ausgelegte) Falle tappen, nach der ihr eine „Spontaneitätstheorie“ zugeschrieben wird, die die Notwendigkeit einer Partei ignoriert. In ihren ganzen Schriften betont sie, daß eine Partei nötig ist und welche positive Rolle sie zu spielen hat:

In Rußland ist der Sozialdemokratie die Aufgabe zugefallen, einen Abschnitt des historischen Prozesses durch bewußtes Eingreifen zu ersetzen und das Proletariat direkt aus der politischen Atomisierung, die die Grundlage des absoluten Regimes bildet, zur höchsten Form der Organisation – als zielbewußt kämpfende Klasse zu führen. [19]

... die Aufgabe der Sozialdemokratie (muß offenbar) nicht in der technischen Vorbereitung und Leitung des Massenstreiks, sondern vor allem in der politischen Führung der ganzen Bewegung bestehen. [20]

Die Sozialdemokratie ist die aufgeklärteste, klassenbewußteste Vorhut des Proletariats. Sie kann und darf nicht mit verschränkten Armen fatalistisch auf den Eintritt der „revolutionären Situation“ warten, darauf warten, daß jene spontane Volksbewegung vom Himmel fällt. [21]

Dennoch gibt es in Luxemburgs Schriften über die Rolle der Partei keine ganz eindeutige Position. Sie fürchtete, die führende Rolle der Partei könnte zu groß werden – denn sie setzte das gleich mit der „zaudernden Sozialdemokratie“. [22] Sie setzte „Zentralismus“, den sie allerdings für notwendig hielt („ ... die Sozialdemokratie ist von Hause aus eine ausgesprochene Gegnerin jedes Partikularismus und nationalen Föderalismus“ [23]) gleich mit dem „aus ihrem Wesen notwendigerweise entspringenden Konservativismus jeder Parteileitung“. [24] Dieses Schwanken kann nur vor dem Hintergrund der konkreten Situation verstanden werden, über die Luxemburg ernsthaft besorgt war. Sie war führendes Mitglied der SPD, aber immer unzufrieden mit ihrer Arbeitsweise. Wenn sie die Gefahren des Zentralismus aufzeigen wollte, bezog sie sich gerade darauf:

Die gegenwärtige Taktik der deutschen Sozialdemokratie wird zum Beispiel allgemein wegen ihrer merkwürdigen Vielgestaltigkeit, Biegsamkeit und zugleich Sicherheit bewundert. Das bedeutet aber nur, daß unsere Partei sich in ihrem Tageskampf wunderbar an den gegenwärtigen parlamentarischen Boden bis ins kleinste Detail angepaßt hat ... Zugleich aber verdeckt bereits diese spezifische Gestaltung der Taktik ... die weiteren Horizonte ... [25]

Diese Sätze sind brilliant prophetisch hinsichtlich der Ereignisse von 1914, aber sie macht keinen Versuch, die Wurzeln der wachsenden Verknöcherung und Ritualisierung der SPD zu erklären, geschweige denn, einen Weg aufzuzeigen, wie diese Entwicklung zu bekämpfen ist. Bewußte Individuen und Gruppen können dieser Tendenz nicht widerstehen. Denn „diese Trägheit findet zum großen Teil ihre Erklärung darin, daß sich auch schwer in der leeren Luft der abstrakten Spekulation die Konturen und greifbaren Formen einer noch nicht existierenden, also imaginären politischen Situation darstellen lassen.“ [26] Die Bürokratisierung der Partei wird als unvermeidliches Phänomen gesehen, das nur durch die Einschränkung ihrer Geschlossenheit und Leistungsfähigkeit zu überwinden ist.

Nicht eine bestimmte Form der Organisation und bewußten Führung, sondern Organisation und bewußte Führung an sich verringern die Chance für die „selbstbewußte Bewegung der Mehrheit im Interesse der Mehrheit.“

Auch hier geht das Unbewußte vor dem Bewußten, die Logik des objektiven historischen Prozesses vor der subjektiven Logik seiner Träger Die Rolle der sozialdemokratischen Leitung ist dabei wesentlich konservativen Charakters, indem sie erfahrungsgemäß dazu führt, das jedesmalige neugewonnene Terrain des Kampfes bis in die äußersten Konsequenzen auszuarbeiten und es bald in ein Bollwerk gegen eine weitere Neuerung größeren Stils umzukehren. [27]

Eines ist in dieser Argumentation korrekt und wichtig: die Tendenz bestimmter Arten von Organisation, auf schnell sich verändernde Situationen nicht reagieren zu können (oder zu wollen). Man muß nur an den Flügel der Maximalisten 1919 in der italienischen sozialistischen Partei denken, das gesamte „Zentrum“ der Zweiten Internationale 1914, die Menschewiki-Internationalisten 1917 oder die KPD 1923. Selbst die Bolschewistische Partei zeigte eine sehr starke Tendenz zu solch einem Konservativismus. Aber nachdem Luxemburg die Diagnose gestellt hat, macht sie keinen Versuch, die Ursache zu finden – außer in allgemeinen erkenntnistheoretischen Sätzen – oder nach organisatorischen Gegenmaßnahmen zu suchen. Ihre Hoffnung, daß das „Unbewußte“ das „Bewußte“ korrigieren kann, ist sehr fatalistisch. Trotz ihres empfindlichen Gespürs für das besondere Entwicklungstempo der Massenbewegung – vor allem in „Der Massenstreik“ scheut sie sich, eine klare Konzeption darüber zu entwerfen, welche Form der politischen Organisation solche spontanen Entwicklungen weitertreiben können. Paradoxerweise argumentierte die schärfste Kritikerin der bürgerlichen Verknöcherung und des parlamentarischen Kretinismus in der Debatte von 1903 genau zugunsten der Fraktion der russischen Sozialdemokratie, die die perfekteste Verknöcherung dieser Schwächen werden sollte: die Menschewiki. In Deutschland nahm die politische Opposition gegen den Kautskyismus, die sich schon zur Jahrhundertwende entwickelte und um 1910 voll herausbildete, auch in den nächsten fünf Jahren keine konkreten organisatorischen Formen an.

Es gibt deutliche Parallelen zwischen Luxemburgs Position und der von Trotzki bis 1917. Er ist sich ebenfalls der Gefahr des bürokratischen Ritualismus voll bewußt:

Die Arbeit der Agitation und Organisation in den Reihen des Proletariats ist durch eine innere Unbeweglichkeit gekennzeichnet. Die europäischen sozialistischen Parteien, insbesondere die größte unter ihnen, die deutsche, haben einen eigenen Konservativismus entwickelt, der um so stärker ist, je größere Massen der Sozialismus ergreift, je höher der Organisationsgrad und die Disziplin der Massen sind. Infolgedessen kann die Sozialdemokratie als Organisation, die die politische Erfahrung des Proletariats verkörpert, in einem bestimmten Moment zum unmittelbaren Hindernis auf dem Weg der offenen Auseinandersetzung zwischen den Arbeitern und der bürgerlichen Reaktion werden. [28]

Sein revolutionärer Elan ließ Trotzki daher auch allen zentralisierten Organisationen mißtrauen. Lenins Parteikonzeption könne – so Trotzki 1904 – nur zu einer Situation führen, in der:

zuerst die Parteiorganisation an die Stelle der ganzen Partei tritt; dann nimmt das Zentralkomitee die Stelle der Organisation ein und schließlich ersetzt ein einziger „Diktator“ das ZK ... [29]

Für Trotzki können die wirklichen Probleme der Arbeitermacht nur gelöst werden mittels:

systematischen Kampfes ... zwischen vielen Richtungen innerhalb des Sozialismus ... solche Richtungen werden ganz unvermeidlich in dem Augenblick auftreten, in dem die proletarische Diktatur Dutzende und Hunderte ... neuer Probleme aufwirft. Keine starke „dominierende“ Organisation wird ... diese Richtungen und Auseinandersetzungen unterdrücken können ... [30]

Auch Trotzki unterstützte aus Furcht vor organisatorischer Erstarrung bei den innerparteilichen Auseinandersetzungen in Rußland die Tendenz, die historisch die größte Furcht vor spontanen Massenaktionen zeigen sollte. Obwohl er sich politisch von den Menschewiki zunehmend entfernte, begann er erst sehr spät mit dem Aufbau einer organisierten Opposition. Ob er mit seiner Kritik an Lenin 1904 recht hatte oder nicht (und wir glauben, er hatte unrecht), historisch aktiv und effektiv konnte er erst 1917 werden, als er sich Lenins Partei anschloß.

Wenn Organisation zu Bürokratie und Erstarrung führt, hatten Luxemburg und der junge Trotzki zweifellos recht, daß die Tendenz zum Zentralismus und zur Festigung des Zusammenhalts unter Revolutionären beschränkt werden muß. Aber dann muß man alle Konsequenzen dieser Position akzeptieren. Die wichtigste wäre ein historischer Fatalismus. Individuen können in der Arbeiterklasse für ihre Ideen kämpfen und diese Ideen können wichtig sein, um Arbeitern das notwendige Bewußtsein und Selbstvertrauen zu geben, für ihre eigene Befreiung zu kämpfen.

Aber Revolutionäre können niemals eine Organisation aufbauen, die ihnen ein Maß an Effektivität und Zusammenhalt in der Aktion gibt, das vergleichbar wäre mit solchen Organisationen, die die herrschende Ideologie akzeptieren. Solche Organisationen würden zwangsläufig die Selbstaktivität der Massen, das „Unbewußte“, das dem „Bewußten“ vorausgeht, beschneiden. Das Ergebnis heißt, auf die „spontanen“ Entwicklungen unter den Massen zu warten. In der Zwischenzeit mag man sich in zur Zeit bestehenden Organisationen einrichten, selbst wenn man mit ihnen politisch nicht übereinstimmt, denn diese Organisationen sind die bestmöglichen, sind der gegenwärtig angemessenste Ausdruck der spontanen Selbstentfaltung der Massen.
 

Lenin und Gramsci über Partei und Klasse

In seinen Schriften akzeptierte Lenin stets die Probleme, die Luxemburg und Trotzki so sehr beschäftigten. Er erkennt zunehmend, daß nicht Organisation an sich, sondern bestimmte Formen und Aspekte von Organisation die Ursachen dieser Probleme sind. Aber erst als der Erste Weltkrieg und dann die Ereignisse von 1917 die Fehler der alten Organisationsformen zugespitzt hervortreten ließen, begann Lenin klar zu erkennen, welche radikal neuen Konzeptionen er selbst im Begriff war, zu entwickeln. Selbst da aber waren sie noch nicht voll ausformuliert. Die Zerstörung der russischen Arbeiterklasse durch Krieg und Bürgerkrieg, der Zusammenbruch des Sowjetsystems (gestützt auf echte Arbeiterräte) und der Aufstieg des Stalinismus erstickten die Erneuerung der sozialistischen Theorie. Die Bürokratie, die mit der Dezimierung und Demoralisierung der Arbeiterklasse an die Macht kam, übernahm die theoretischen Grundlagen der Revolution, um sie in eine ideologische Rechtfertigung ihrer eigenen Interessen und Verbrechen umzubiegen. Kaum war Lenins Theorie über die Partei und ihre Beziehung zur Arbeiterklasse und deren Institutionen im Gegensatz zu den alten sozialdemokratischen Konzepten ausgearbeitet, wurde sie von der neuen stalinistischen Ideologie verzerrt.

Viele der Konzeptionen Lenins wurden jedoch von dem Italiener Antonio Gramsci aufgegriffen und theoretisch formuliert. [31]

Von den meisten Lenin-Kommentatoren wird übersehen, daß es in all seinen Schriften zwei miteinander eng verbundene und sich ergänzende Konzeptionen gibt, die oberflächlich gesehen sich zu widersprechen scheinen. Erstens betont Lenin ständig die Möglichkeit einer plötzlichen Veränderung des Bewußtseins der Arbeiterklasse, den unerwarteten Ausbruch, der charakteristisch ist für die Selbstaktivität der Arbeiterklasse, den tiefverwurzelten Klasseninstinkt der Arbeiter, der sie immer wieder ihre Haltung der Unterwerfung und des sklavischen Gehorchens abschütteln läßt.

In der Geschichte der Revolutionen treten jahrzehnte- und jahrhundertelang heranreifende Widersprüche zutage. Das Leben wird ungewöhnlich reich. Auf die politische Bühne tritt als aktiver Kämpfer die Masse, die immer im Schatten steht und daher von den oberflächlichen Beobachtern oft ignoriert oder gar verachtet wird. Diese Masse macht heroische Anstrengungen, um sich zur Höhe der ihr von der Geschichte auferlegten gigantischen Aufgaben von Weltbedeutung zu erheben, und wie groß auch einzelne Niederlagen sein mögen, wie sehr die Ströme von Blut und die Tausende von Opfern uns auch erschüttern mögen – nichts wird jemals seiner Bedeutung nach verglichen werden können mit dieser unmittelbaren Erziehung der Massen und der Klassen im Verlauf des unmittelbaren revolutionären Kampfes.“ [32]

... wir wissen die Bedeutung jener beharrlichen, langsamen, oft unsichtbaren Arbeit der politischen Erziehung zu schätzen, die die Sozialdemokratie stets geleistet hat und leisten wird. Aber wir dürfen auch den im gegenwärtigen Augenblick noch gefährlicheren Unglauben an die Kräfte des Volkes nicht zulassen, wir müssen daran denken, welche gewaltige aufklärende und organisierende Kraft die Revolution besitzt, wenn mächtige historische Ereignisse die Menschen mit Gewalt aus ihren entlegenen Winkeln, aus ihren Dachböden und Kellern hervorziehen und sie zwingen, Staatsbürger zu werden. Monate der Revolution erziehen zuweilen schneller und gründlicher zu Staatsbürgern als Jahrzehnte der politischen Stagnation. [33]

Die Arbeiterklasse ist instinktiv und spontan sozialdemokratisch ... [34]

Die besonderen Bedingungen des Proletariats in der kapitalistischen Gesellschaft führen dazu, daß die Arbeiter zum Sozialismus streben: eine Vereinigung der Arbeiter mit der sozialistischen Partei drängt bereits in den frühen Entwicklungsstadien der Bewegung mit spontaner Kraft vorwärts. [35]

Selbst in den schlimmsten Monaten nach dem Ausbruch des Krieges 1914 konnte Lenin schreiben:

... die objektive revolutionäre Situation, die durch den Krieg herbeigeführt worden ist und immer mehr in die Breite und Tiefe wächst, erzeugt unvermeidlich revolutionäre Stimmungen, stählt die besten und klassenbewußtesten Proletarier und klärt sie auf. Es ist nicht nur möglich, sondern wird immer wahrscheinlicher, daß in der Stimmung der Massen ein rascher Umschwung eintritt ... [36]

Sein Glaube an die Massen brachte Lenin im April und im August/September 1917 mit seiner eigenen Partei in Konflikt:

Mehr als einmal hatte Lenin gesagt, die Massen seien linker als die Partei. Er wußte, daß die Partei linker war als die Oberschicht der „alten Bolschewiki“. [37]

Zur Frage der „Demokratischen Konferenz“ (Boykott des Vorparlaments – auch Duma – im September 1917; Anm. d. Übers.) konnte er schreiben:

Zur Erörterung der Frage müssen die Massen herangezogen werden. Es ist notwendig, daß die klassenbewußten Arbeiter die Sache in ihre Hand nehmen, sie erörtern und einen Druck auf die „Spitzen“ ausüben. [38]

Es gibt jedoch ein zweites grundlegendes Element in Lenins Denken und Praxis: die Betonung der Rolle von Theorie und der Partei als Träger dieser Theorie. Am bekanntesten ist hierzu Lenins Satz aus „Was tun?“, wo Lenin schreibt:

Ohne revolutionäre Theorie kann es auch keine revolutionäre Bewegung geben. [39]

Das Thema kehrt aber in jedem Stadium seiner Aktivitäten wieder, nicht nur 1903, sondern auch 1905 und 1917, als er gleichzeitig das Versagen der Partei verwünscht, auf die Radikalisierung der Massen zu reagieren. Und für ihn ist die Partei völlig verschieden von den Massenorganisationen der ganzen Klasse. Sie ist immer eine Avantgardeorganisation, denn die Mitgliedschaft in dieser Partei erfordert eine Verbindlichkeit, wie sie bei den meisten Arbeitern nicht zu finden ist. (Das heißt nicht, daß Lenin jemals eine Organisation nur aus Berufsrevolutionären wollte. [40]) Das sieht wie ein klarer Widerspruch aus. Zumal weil Lenin 1903 Argumente von Kautsky benutzt, nach denen nur die Partei sozialistisches Bewußtsein in die Klasse hineintragen kann, während er später argumentiert, daß die Klasse „linker“ ist als die Partei. Hier einen Widerspruch zu sehen, heißt jedoch, Lenin in dieser Frage grundsätzlich mißzuverstehen. Die wirkliche theoretische Basis seiner Argumentation über die Partei ist nicht, daß die Arbeiterklasse unfähig ist, selbständig theoretisches sozialistisches Bewußtsein zu entwickeln. Auf dem Zweiten Parteitag der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands (SDAPR) weist er den Vorwurf, „Lenin ziehe überhaupt nicht in Betracht, daß auch die Arbeiter an der Ausarbeitung der Ideologie teilnehmen“, zurück und fügt hinzu, „daß die Ökonomisten den Bogen nach der einen Seite überspannt haben. Um ihn wieder auszurichten, mußte man ihn nach der anderen Seite spannen, und das habe ich getan.“ [41] Die wirkliche Grundlage seines Arguments ist, daß der Grad des Bewußtseins in der Arbeiterklasse niemals gleichmäßig ist. So schnell die Masse der Arbeiter in einer revolutionären Situation auch lernt, einige Sektionen werden trotzdem weiter sein als andere.

Sich lediglich an der spontanen Veränderung zu erfreuen, bedeutet, unkritisch die vorläufigen und unvollkommenen Produkte hinzunehmen. Aber in ihnen spiegelt sich sowohl die Rückständigkeit der Klasse als auch ihre Bewegung nach vorne, die Situation in einer bürgerlichen Gesellschaft ebenso wie das Potential für die weitere Entwicklung bis zu einer Revolution. Arbeiter sind keine Automaten ohne Ideen. Wenn sie nicht durch die Intervention bewußter Revolutionäre für eine sozialistische Weltanschauung gewonnen werden, dann werden sie weiterhin die bürgerliche Ideologie über die bestehende Gesellschaft akzeptieren. Dies umso mehr, als diese Ideologie alle heutigen Lebensbereiche durchzieht und durch die Medien ständig verbreitet wird. Selbst wenn einige Arbeiter „spontan“ einen umfassenden wissenschaftlichen Standpunkt entwickeln würden, müßten sie nach wie vor mit anderen Arbeitern diskutieren, die noch nicht so weit sind.

Es würde bedeuten, nur sich selbst zu betrügen, die Augen vor der gewaltigen Größe unserer Aufgaben zu verschließen, diese Aufgaben einzuengen, wollte man den Unterschied zwischen dem Vortrupp und all den Massen, die sich zu ihm hingezogen fühlen, vergessen, wollte man die ständige Pflicht des Vortrupps vergessen, immer breitere Schichten auf das Niveau dieses Vortrupps zu heben. [42]

Dieses Argument kann nicht auf eine bestimmte historische Phase beschränkt werden. Es betrifft nicht, wie einige argumentieren, alleine die rückständige russische Arbeiterklasse von 1902 im Gegensatz zu den entwickelten Nationen heute. Die absoluten Möglichkeiten für die Entwicklung von Klassenbewußtsein mögen heute größer sein, aber die Natur der kapitalistischen Gesellschaft erzeugt permanent große Ungleichmäßigkeiten innerhalb der Arbeiterklasse. Wer das abstreitet, bringt das revolutionäre Potential der Arbeiterklasse durcheinander mit ihrer gegenwärtigen Situation. Lenin schrieb 1905 gegen die Menschewiki (und Rosa Luxemburg!):

Macht weniger allgemeine Phrasen über die Entwicklung der Selbsttätigkeit der Arbeiter – die Arbeiter legen, von euch unbemerkt, eine gewaltige revolutionäre Selbsttätigkeit an den Tag! – achtet mehr darauf, daß ihr die unentwickelten Arbeiter durch eure eigene Nachtrabpolitik nicht demoralisiert. [43]

Es gibt Selbsttätigkeit und Selbsttätigkeit. Es gibt die Selbsttätigkeit eines Proletariats mit revolutionärer Initiative, und es gibt die Selbsttätigkeit eines unentwickelten und am Gängelband geführten Proletariats ... Und es gibt Sozialdemokraten, die sich sogar im gegenwärtigen Zeitpunkt mit Andacht gerade in diese zweite Art der Selbsttätigkeit versenken, die glauben, man könne sich einer direkten Beantwortung der aktuellen Fragen entziehen, indem man unzählige Male das Wort „Klasse“ wiederholt. [44]

Kurz gesagt: hört auf darüber zu reden, was die Klasse als ganze erreichen kann, redet lieber darüber, wie wir, als Teil ihrer Entwicklung, handeln müssen. Ähnlich schreibt Gramsci, daß es:

... in der Geschichte die „reine“ Spontaneität nicht gibt: sie würde mit dem „reinen“ Mechanizismus zusammenfallen. In der „spontansten“ Bewegung sind die Elemente der „bewußten Führung“ einfach unkontrollierbar ... Es gibt in diesen Bewegungen eine „Vielfalt“ von Elementen „bewußter Führung“, aber keines davon ist vorherrschend ... [45]

Menschen sind niemals ohne irgendeine Vorstellung von der Welt. Sie entwickeln sich nicht unabhängig von irgendeiner Gemeinschaft. „Was die eigene Weltanschauung betrifft, so gehört man immer einer bestimmten Gruppe an, genauer denjenigen gesellschaftlichen Elementen, mit deren Denken und Handeln man übereinstimmt.“ [46] Wenn man nicht seine Weltanschauung einer ständigen Kritik unterzieht, um die inneren Widersprüche auszuräumen,

... dann gehört man gleichzeitig einer Vielzahl von Massenmenschen an und die eigene Persönlichkeit ist auf bizarre Weise zusammengesetzt: man findet in ihr Elemente des Höhlenmenschen und Prinzipien der modernsten und fortgeschrittensten Wissenschaft, lokale Vorurteile aller vergangenen geschichtlichen Phasen und zugleich Intuitionen einer zukünftigen Philosophie, die dem in der ganzen Welt geeinten Menschengeschlecht eigen sein wird. [47]

Der aktive Mensch aus der Masse handelt praktisch, hat aber kein klares theoretisches Bewußtsein dieses seines Handelns, das auch eine Erkenntnis der Welt ist, indem es sie verändert. Sein theoretisches Bewußtsein kann sogar historisch gesehen im Gegensatz zu seinem Handeln stehen. Man kann beinahe sagen, er habe ein zweifaches theoretisches Bewußtsein (oder ein widersprüchliches Bewußtsein): ein seinem Handeln implizites Bewußtsein, das ihn real mit allen seinen Mitarbeitern in der praktischen Veränderung der Wirklichkeit vereint, und ein oberflächlich explizites oder verbales, aus der Vergangenheit übernommenes, kritiklos akzeptiertes Bewußtsein ... (Diese Trennung kann einen Grad erreichen), daß die Widersprüchlichkeit des Bewußtseins keine Aktion, keine Entscheidung, keine Wahl mehr erlaubt und einen Zustand moralischer und politischer Passivität bewirkt.

Da jede Aktion das Resultat verschiedener Willen ist, bei verschiedenem Grad der Intensität, der Bewußtheit und Homogenität mit dem Gesamtkomplex des Kollektivwillens, ist es klar, daß auch die entsprechende und implizite Theorie eine Kombination von ebenso auseinanderfallenden und heterogenen Glaubensstandpunkten ist. ... (Wenn die entfesselten praktischen Kräfte in gewissen historischen Momenten wirksam und expansiv sein sollen, ist es notwendig,) auf Grund einer bestimmten Praxis eine Theorie zu konstruieren, die – mit den entscheidenden Elementen der Praxis selbst zusammenfallend und mit ihnen identisch werdend – den Geschichtsprozeß beschleunigt, indem sie die Praxis in all ihren Elementen homogener, kohärenter und wirksamer macht ... [48]

Damit verwandelt sich die Frage, ob der „Spontaneität“ oder der „bewußten Führung“ der Vorzug zu geben ist, in die Frage, ob es:

... (vorzuziehen ist) zu „denken“, ohne uns dessen kritisch bewußt zu sein, und auf zufällige Weise an einer mechanisch von der äußeren Umwelt „aufgedrungenen“ Weltanschauung „partizipieren“ – das heißt an einer der zahlreichen gesellschaftlichen Gruppen partizipieren, mit der ein jeder automatisch seit seinem bewußten Eintritt in die Welt in Verbindung steht ... Oder sollten wir es vorziehen,. bewußt und kritisch die eigene Weltanschauung auszuarbeiten ...? [49]

Parteien existieren, um in dieser Situation eine bestimmte Weltanschauung zu propagieren und das entsprechende praktische Handeln. Sie versuchen, all diejenigen zu einem Kollektiv zusammenzufassen, die ein bestimmtes Weltbild teilen, und dieses weiter zu verbreiten. Ihre Funktion ist, die Masse von Individuen, die unter dem Einfluß einer Vielzahl von Ideologien und Interessen stehen, zu vereinheitlichen. Sie können das mit zwei Methoden.

Die erste charakterisiert Gramsci als die der katholischen Kirche. Diese versucht, eine ganze Bandbreite sozialer Klassen und Schichten an eine einzige Ideologie zu binden. Sie versucht, Intellektuelle und „einfache Leute“ durch ein einziges organisiertes Weltbild zu vereinigen. Das geht nur durch eine eiserne Disziplin über die Intellektuellen, so daß sie auf das Niveau der „einfachen Menschen“ reduziert werden. „Der Marxismus steht im Gegensatz zu dieser katholischen Position.“ Stattdessen versucht er, Intellektuelle und Arbeiter zu vereinigen, indem er beständig das Bewußtsein der Massen hebt, damit sie wirklich unabhängig handeln können. Genau deshalb können Marxisten nicht einfach nur die Spontaneität der Massen „anbeten“: sie würden die katholische Kirche kopieren, weil sie den fortgeschrittensten Teilen der Arbeiterklasse die Rückständigkeit der anderen aufzwingen müßten.

Für Gramsci und Lenin bedeutet das, daß die Partei ständig versucht, das Bewußtsein der neu eintretenden Mitglieder auf das Niveau derer zu heben, die schon lange in der Partei aktiv sind. Sie muß fähig sein, auf die „spontanen“ Entwicklungen der Klasse zu reagieren, um diejenigen anzuziehen, die als Ergebnis solcher Entwicklungen ein klares Bewußtsein entwickeln.

Um nicht nur in Worten eine Massenpartei zu werden, müssen wir immer breitere Massen zur Teilnahme an allen Parteiangelegenheiten heranziehen, sie von Stufe zu Stufe heben – von der politischen Indifferenz zum Protest und Kampf, vom allgemeinen Geist des Protestes zur bewußten Annahme der sozialdemokratischen Auffassungen, von der Annahme dieser Auffassungen zur Unterstützung der Bewegung, von der Unterstützung zur organisierten Mitarbeit in der Partei. [50]

Die Partei, die diese Aufgaben erfüllt, wird nicht zwangsläufig eine Partei für „jeden“ sein. Sie wird eine Organisation sein, die beharrliche Versuche, immer größere Kreise von Arbeitern in ihre Arbeit miteinzubeziehen, verbindet mit einer Beschränkung ihrer Mitgliedschaft auf diejenigen, die bereit sind, ernsthaft und wissenschaftlich ihre Aktivität und die allgemeine Parteiaktivität zu überprüfen. Die Definition der Parteimitgliedschaft ist deshalb wichtig. Nicht alle, die sich der Partei zugehörig fühlen, bilden die Partei, sondern nur diejenigen, die die Disziplin der Organisation akzeptieren. In normalen Zeiten wird das nur ein relativ kleiner Prozentsatz der Arbeiterklasse sein, aber in Zeiten massiver Klassenkämpfe wird diese Zahl enorm wachsen.

Hier zeigt sich ein wichtiger Unterschied zur Praxis der sozialdemokratischen Parteien. Lenin selbst diskutiert ihn nur in Bezug auf Rußland vor 1914, aber seine Position ist klar. Er stellt sein Ziel dem der Menschewiki gegenüber – eine „eiserne Organisation“, eine „kleine, aber feste Partei“ aller, „die kämpfen wollen“ gegen das „morsche Monstrum der buntscheckigen neuiskristischen Elemente“. [51] Das erklärt seine Unnachgiebigkeit in der Frage der Mitgliedsbedingungen für die Partei, über die sich Menschewiki und Bolschewiki spalteten.

In Lenins Konzeption muß man die Elemente unterscheiden, die er selbst für historisch begrenzt und die er für allgemeingültig hielt. Zu der ersten Gruppe gehört die Betonung einer geschlossenen konspirativen Organisationsform und die sorgfältige Bindung von Parteifunktionären an Weisungen von oben etc.

Unter freien politischen Verhältnissen kann und wird unsere Partei vollständig auf dem Prinzip der Wählbarkeit aufgebaut sein. Unter der Selbstherrschaft (des Zarismus: Anm. d. Übers.) ist das für die Gesamtheit der Tausende von Arbeitern, die der Partei angehören, undurchführbar. [52]

Weit allgemeiner gültig ist die Betonung der Notwendigkeit, die Parteimitgliedschaft auf diejenigen zu beschränken, die bereit sind, ihre Disziplin zu akzeptieren. Es ist wichtig zu betonen, daß das für Lenin (im Gegensatz zu vielen Möchtegern-Leninisten) nicht blindes Akzeptieren autoritärer Entscheidungen hieß. Es ist Aufgabe der revolutionären Partei, den bewußten und kämpferischsten Arbeitern und Intellektuellen zu ermöglichen, sich an der wissenschaftlichen Diskussion, die dem gezielten und verbindlichen Handeln vorausgeht, zu beteiligen. Ohne allgemeine Beteiligung an den Parteiaktivitäten ist das nicht möglich. Es erfordert klare und genaue Diskussionen zusammen mit organisatorischer Entscheidungsfähigkeit. Die Alternative ist der „Sumpf“ – wo wissenschaftlich geschulte Elemente so vermengt sind mit unverbesserlichen Wirrköpfen, daß keine entscheidende Aktion möglich ist und damit letztendlich den rückständigsten Teilen die Führung überlassen wird. Die Disziplin, die für solch eine Auseinandersetzung erforderlich ist, ist die Disziplin derjenigen, die sich „nach frei gefaßtem Beschluß“ zusammengeschlossen haben. [53] Wenn die Partei keine klaren Grenzen hat, und wenn sie nicht einheitlich genug ist, Entscheidungen durchzuführen, sind Diskussionen über ihre Entscheidungen nicht „frei“ sondern einfach bedeutungslos. Zentralismus steht für Lenin nicht im Gegensatz zur Entwicklung von Initiative und Unabhängigkeit der Parteimitglieder; sie ist vielmehr deren Voraussetzung. Es lohnt sich nachzulesen, wie Lenin 1905 die Gründe für seinen Kampf für den Zentralismus nach zwei Jahren zusammenfaßt. Er diskutiert, was das Ergebnis einer zentralen Organisation und einer zentralen Zeitung sein soll:

(ein) Netz von Agenten ... das ... nicht „zu sitzen und zu warten“ (braucht) bis die Losung zum Aufstand ausgegeben wird, sondern es würde gerade eine solche regelmäßige Arbeit leisten, die ihm im Moment des Aufstands mit größter Wahrscheinlichkeit den Erfolg sichert. Gerade eine solche Arbeit würde unbedingt die Verbindung mit den breitesten Massen der Arbeiter und mit allen Schichten, die mit der Selbstherrschaft unzufrieden sind, festigen ... Gerade in einer solchen Arbeit würde sich die Fähigkeit herausbilden, die allgemeine politische Lage richtig einzuschätzen, und folglich auch die Fähigkeit, den für den Aufstand passenden Moment zu wählen. Gerade eine solche Arbeit würde alle lokalen Organisationen daran gewöhnen, gleichzeitig auf dieselben, ganz Rußland bewegenden politischen Fragen, Vorkommnisse und Vorfälle zu reagieren, auf diese Vorfälle möglichst energisch, möglichst einheitlich und zweckmäßig zu antworten ... [54]

Als Teil solch einer Organisation werden Arbeiter und Intellektuelle gleichermaßen geschult, ihre eigene konkrete Situation in Übereinstimmung mit der wissenschaftlich sozialistischen Arbeit von tausenden anderen Revolutionären zu analysieren. „Disziplin“ heißt, die Notwendigkeit zu akzeptieren, daß die individuelle Erfahrung in Verbindung gebracht werden muß mit der gesamten Theorie und Praxis der Partei. Deshalb steht sie nicht im Gegensatz zu der Fähigkeit, unabhängige Einschätzungen zu konkreten Situationen zu entwickeln, sondern ist eine notwendige Voraussetzung dafür. Deshalb heißt „Disziplin“ für Lenin auch nicht, Differenzen innerhalb der Partei zuzudecken, sondern sie ans Tageslicht zu bringen, damit sie offen ausdiskutiert werden können. Nur so kann die Masse der Parteimitglieder wissenschaftliche Einschätzungen entwickeln. Die Parteizeitung muß deshalb auch für Meinungen offen sein, die die Einschätzungen für widersprüchlich halten.

... (man muß) meines Erachtens alles tun – sogar einschließlich einiger Abweichungen von dem schönen Schemata des Zentralismus und von der unbedingten Unterordnung unter die Disziplin –, um diesen Grüppchen die Freiheit zu lassen, ihre Ansichten zu vertreten, um der gesamten Partei die Möglichkeit zu geben, die Tiefe oder Bedeutungslosigkeit der Meinungsverschiedenheiten abzuwägen und genau festzustellen, wo, worin und auf wessen Seite Inkonsequenz zu beobachten ist. [55]

Kurz: entscheidend ist politische Klarheit und Festigkeit in der Partei, um zu gewährleisten, daß alle Mitglieder in die Parteiauseinandersetzungen einbezogen werden und die Bedeutung ihrer eigenen Arbeit verstehen. Deshalb ist es absurd, wenn die Menschewiki (und einige Leute heute immer noch) versuchten, Partei und Klasse durcheinanderzuwerfen. Die Klasse als ganze steht ständig in unbewußter Opposition zum Kapitalismus; die Partei ist der Teil der Klasse, der bereits bewußt ist und sich zusammenschließt, um dem Kampf der anderen eine bewußte Richtung zu geben. Ihre Disziplin wird nicht von oben nach unten aufgezwungen, sondern wird vielmehr freiwillig akzeptiert von allen, die an ihren Entscheidungen teilnehmen und sie in die Praxis umsetzen.
 

Sozialdemokratische Partei, bolschewistische Partei und stalinistische Partei

Wir können jetzt den Unterschied sehen zwischen der Partei, die Lenin meinte, und der sozialdemokratischen Partei, die sich Rosa Luxemburg und Trotzki vorstellten und gleichzeitig fürchteten. Die letztere sollte die Partei der ganzen Klasse sein. Die Machtergreifung der Klasse würde identisch sein mit der Machtergreifung durch die Partei. Alle Tendenzen innerhalb der Klasse müßten auch innerhalb der Partei repräsentiert sein. Jede Spaltung innerhalb der Partei wäre als Spaltung innerhalb der Klasse gesehen worden. Obwohl Zentralisation als notwendig angesehen wurde, wurde sie gefürchtet als Zentralisation über und gegen die spontane Aktivität der Klasse. Aber gerade in dieser Art von Partei entwickelten sich die „autokratischen“ Tendenzen, vor denen Luxemburg gewarnt hatte, am stärksten. Die Vermengung von Mitgliedern und Sympathisanten und der massive Apparat, der erforderlich war, um eine Masse von nur halb politisierten Mitgliedern in einer Reihe von sozialen Aktivitäten zusammenzuhalten, führte zu einem niedrigeren Niveau in der politischen Debatte und einem Mangel an politischer Ernsthaftigkeit. Die Folge war eine Einschränkung der Fähigkeit der Mitglieder, unabhängige politische Einschätzungen zu entwickeln, und damit wuchs dann die Notwendigkeit für die Steuerung aller Initiativen durch den Apparat. Ohne organisatorische Zentralisation, um Klarheit und Entscheidungsfähigkeit bei politischen Differenzen herbeizuführen, mußte die Unabhängigkeit der Mitgliedsbasis ständig untergraben werden. Persönliche Zuneigung oder Respekt vor führenden Personen werden wichtiger als wissenschaftliche politische Einschätzungen. In einem Sumpf, wo niemand einen eindeutigen Weg einschlägt – sei es auch der falsche – kann es keine Debatte darübergeben, welcher der richtige ist. Die Weigerung, organisatorische Zusammenhänge in Verbindung zu bringen mit der politischen Bestimmung, führt – selbst wenn es in der ehrenhaften Absicht geschieht, eine „Massenpartei“ zu erhalten – unvermeidlich dazu, daß organisatorische Loyalitäten die politischen ersetzen. Das wiederum führt zu der Unfähigkeit, gegen eine Opposition alter Genossen selbständig zu handeln (das deutlichste Beispiel für diese Tendenz ist zweifellos Martow 1917).

Die stalinistische Partei ist keine Variante der bolschewistischen. Es ist absolut wichtig, das zu verstehen. Sie ist ebenfalls von organisatorischen Strukturen dominiert. Was wirklich zählt, ist die Zugehörigkeit zur Organisation, nicht zur Politik der Organisation. Die Theorie hat die Aufgabe, eine von außen bestimmte Praxis zu rechtfertigen, nicht umgekehrt. Organisatorische Loyalitäten des Apparates sind verantwortlich für politische Entscheidungen (die organisatorischen Loyalitäten sind ihrerseits auf die Anforderungen des russischen Staatsapparates abgestellt). Es ist nicht unwichtig, daß der wirkliche Sieg des Apparates über die Partei gerade die Öffnung der Partei für hunderttausende von „Sympathisanten“ erforderte, eine Verwässerung der „Partei“ durch die „Klasse“. Man konnte sich auf das „Lenin-Aufgebot“, das bestenfalls politisch unsicher war, stützen, indem es sich dem Apparat unterordnete. Die leninistische Partei leidet nicht an dieser Tendenz bürokratischer Kontrolle, weil sie ihre Mitgliedschaft auf diejenigen beschränkt, die bereit sind, ernsthaft und diszipliniert die politischen und theoretischen Fragen als Ausgangspunkt zu nehmen und diesen ihre ganzen Aktivitäten unterzuordnen.

Aber beinhaltet das nicht ein sehr elitäres Parteikonzept? In einem bestimmten Sinne ja, obwohl dies nicht ein Mangel der Partei ist, sondern des Lebens selbst, das verantwortlich ist für die ungleichmäßige Entwicklung von Klassenbewußtsein.

Um effektiv zu sein, muß die Partei versuchen, diejenigen zu gewinnen, die sie für die „Fortgeschrittensten“ hält. Sie kann ihr Wissenschafts- und Bewußtseinsniveau nicht senken, nur um nicht „elitär“ zu sein. Sie kann z.B. nicht akzeptieren, daß chauvinistische Arbeiter „genauso gut“ sind, wie internationalistische Parteimitglieder, nur um auf diese Weise der „Selbstaktivität“ der Klasse Ausdruck zu geben. Aber „Avantgarde“ zu sein, heißt nicht, die Ziele, Politik oder Interessen der Klasse durch die der Partei zu ersetzen.

Für Lenin ist die Partei nicht der Embryo eines Arbeiterstaates – das ist der Arbeiterrat. Die ganze Arbeiterklasse wird die Organisationen des Arbeiterstaates bilden, die rückständigsten Arbeiter ebenso wie die forgeschrittensten – „Jeder Koch wird regieren“. In Lenins wichtigster Arbeit über den Staat wird die Partei kaum erwähnt. Die Aufgabe der Partei ist nicht, selbst der Staat zu sein, sondern mit ständiger Agitation und Propaganda das Selbstbewußtsein und die Selbständigkeit der rückständigeren Arbeiter bis zu dem Punkt zu heben, wo sie sowohl Arbeiterräte bilden als auch für den Sturz der Organisationsformen des bürgerlichen Staates kämpfen. Der Sowjetstaat ist die höchste konkrete Verkörperung der Selbstaktivität der gesamten Arbeiterklasse; die Partei ist der Teil der Klasse, der sich der welthistorischen Bedeutung seiner Selbstaktivität am bewußtesten ist.

Die Funktionen des Arbeiterstaates und der Partei sollten weitgehend getrennt sein (weshalb es mehr als eine Partei in einem Arbeiterstaat geben kann). Der Arbeiterstaat muß all die verschiedenen Interessen aller Sektionen der Arbeiter repräsentieren – geographisch, industriell usw. Er muß in seiner Organisationsform die Heterogenität der Klasse berücksichtigen. Die Partei dagegen wird um die Ideen herum aufgebaut, die die Klasse national und international vereinigt. Sie versucht beständig, durch ideologische Überzeugung die Heterogenität der Klasse zu überwinden. Sie setzt sich mit nationalen und internationalen politischen Prinzipien auseinander, nicht mit den beschränkten Interessen einzelner Gruppen von Arbeitern. Sie kann sie nur überzeugen, nicht zwingen, ihre Führung zu akzeptieren. Eine Organisation, deren Ziel es ist, am revolutionären Sturz des Kapitalismus durch die Arbeiterklasse teilzunehmen, kann sich selbst nicht als Ersatz für die Organe der direkten Klassenherrschaft begreifen. Das kann nur die Perspektive der sozialdemokratischen oder stalinistischen Partei sein (und beide hatten viel zu viel Angst vor der Selbstaktivität der Massen, um in den entwickelten Ländern diese Stellvertreterpolitik durch revolutionäre Praxis auch nur zu versuchen). Weil die revolutionäre Organisation innerhalb des Kapitalismus existiert, muß sie notwendigerweise eine völlig andere Struktur haben als der Arbeiterstaat, der im Verlauf des Sturzes des Kapitalismus entsteht. Die revolutionäre Partei wird innerhalb der Institutionen des Arbeiterstaates für ihre und gegen oppositionelle Prinzipien kämpfen müssen; und zwar gerade weil sie nicht selbst der Arbeiterstaat ist. [56]

Das befähigt uns zu begreifen, daß Lenins Parteitheorie und seine Staatstheorie nicht zwei getrennte Einheiten sind, die man isoliert voneinander behandeln kann. Bevor er die Staatstheorie entwickelte, neigte er dazu, die bolschewistische Partei als eine Anpassung an die besonderen russischen Verhältnisse zu betrachten. Geht man von der sozialdemokratischen (und später stalinistischen) Parteikonzeption – die Partei als Embryo des zukünftigen Staates – aus, ist es nur natürlich, daß wirkliche revolutionäre – und deshalb demokratische – Sozialisten die Partei nicht auf die fortgeschrittensten Teile der Klasse beschränken wollen, selbst wenn die Notwendigkeit für eine Organisation der klassenbewußtesten Arbeiter gesehen wird. Das erklärt Rosa Luxemburgs Widersprüchlichkeit in der Frage der politischen Organisation einerseits und ihre theoretische Klarheit andererseits. Deshalb kann sie die „Fehltritte, die eine wirklich revolutionäre Arbeiterbewegung begeht“, der „Unfehlbarkeit des allerbesten Zentralkomitees“ gegenüberstellen. Aber wenn die Partei und die Institutionen der Arbeitermacht nicht ein und dasselbe sind (obwohl das eine das andere zu beeinflussen versucht), ist die „Unfehlbarkeit“ der Partei ein zentraler Bestandteil des Prozesses, in dem die Institutionen der Arbeitermacht von ihren Fehlern lernen. Es ist Lenin, der das erkannt hat. Es ist Lenin, der die Lehren daraus zieht, nicht (jedenfalls nicht bis kurz vor ihrem Lebensende) Luxemburg. Es ist nach wie vor notwendig, eine Organisation revolutionärer Marxisten aufzubauen, die ihre Situation und die der Klasse einer wissenschaftlichen Untersuchung unterziehen, die schonungslos ihre eigenen Fehler kritisieren und – während sie an den Tageskämpfen der Masse der Arbeiter teilnehmen – versuchen, deren unabhängige Selbstaktivität zu stärken, indem sie unablässig gegen ihre ideologische und praktische Unterwerfung unter die alte Gesellschaft kämpfen. Es ist sehr richtig, sich gegen die sozialdemokratische und stalinistische Gleichsetzung von Klasse und Parteielite zu stellen. Es sollte aber nicht den Blick für eine klare Perspektive verstellen, für das, was wir tun müssen, um deren Erbe zu überwinden.


Anmerkungen

1. Protokoll des Zweiten Weltkongresses der kommunistischen Internationale (Reprint), Erlangen 1972, S.92.

2. Karl Kautsky, Das Erfurter Programm, Stuttgart 1908, S.2.

3. ebd..

4. ebd., S.57.

5. ebd., S.100.

6. ebd., S.238.

7. ebd., S.236.

8. ebd., S.238.

9. ders., Der Weg zur Macht, Berlin 1909, S.21.

10. ders., Die Soziale Revolution, Berlin 1902, S.51.

11. ebd., S.48.

12. ders., Das Erfurter Programm, S.225.

13. ebd.

14. ebd., S.227f.

15. ders., Der Weg zur Macht, S.79.

16. Leo Trotzki, in: Nasche Slowo, Paris, 17.10.1915, aus: Trotzki Schriften, Die Russische Revolution 1905, Berlin 1972, S.236.

17. Obwohl diese als „Organe revolutionärer Macht“ bezeichnet werden – in einem wichtigen Artikel über die Perspektiven in Sotsial-Demokrat 1915 – wird wenig Gewicht auf sie gelegt. Innerhalb eines Artikels von vier Seiten werden ihnen nur fünf oder sechs Zeilen gewidmet.

18. Rosa Luxemburg, Organisationsfragen der russischen Sozialdemokratie und Massenstreik, Partei und Gewerkschaften.

19. Rosa Luxemburg, Organisationsfragen der russischen Sozialdemokratie, Gesammelte Werke, Bd.1/2, S.424. Interessanterweise hat sich Lenin in seiner Antwort nicht auf die Frage des Zentralismus im allgemeinen konzentriert, sondern auf sachliche Fehler und Widersprüche in Luxemburgs Artikel.

20. dies., Massenstreik, Partei und Gewerkschaften, Gesammelte Werke, Bd.2, S.146.

21. ebd.

22. dies., Organisationsfragen ..., S.432.

23. ebd., S.426.

24. ebd., S.433.

25. ebd.

26. ebd.

27. ebd., S.432.

28. Leo Trotzki, Ergebnisse und Perspektiven, in: Ergebnisse und Perspektiven, Die permanente Revolution, Frankfurt 1971, S.119.

29. Zitiert in Isaac Deutscher: Trotzki, Der bewaffnete Prophet, Stuttgart 1972, S.96.

30. ebd., S.98.

31. Aus Platzgründen können wir leider nicht auf Trotzkis spätere Beiträge zu diesem Thema eingehen.

32. W.I. Lenin: Revolutionstage, LW, Bd.8, S.92.

33. ders.: Revolutionäre Armee und revolutionäre Regierung, ebd., S.567.

34. ders.: Über die Reorganisation der Partei, Werke, Bd.10, S.16.

35. Zit. nach Raya Dunayevskaya: Marxism and Freedom, New York 1958, S.182.

36. W.I. Lenin: Der Zusammenbruch der II. Internationale, LW, Bd.21, S.254.

37. Leo Trotzki: Geschichte der russischen Revolution, Frankfurt 1973, S.800f.

38. W.I. Lenin: Aus dem Tagebuch eines Publizisten – die Fehler unserer Partei, LW, Bd.26, S.41.

39. ders.: Was tun?, LW, Bd.5, S.379.

40. siehe ders.: in: Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück, LW, Bd.7, S.260.

41. ders.: II. Parteitag SDAPR (1903), Werke, Bd.6, S.490.

42. ders.: Ein Schritt vorwärts ..., ebd., S.258.

43. ders.: Zwei Taktiken, Werke, Bd.8, S.145.

44. ebd., S.143.

45. Antonio Gramsci, Aufzeichnungen aus dem Gefängnis, in: ders., Philosophie der Praxis, Eine Auswahl (S. Fischer-Verlag) o.J. (1972), S.369.

46. ebd., S.130, Anm.1.

47. ebd.

48. ebd., S.130.

49. ebd., S.130.

50. W.I. Lenin, Brief an die Redaktion der Iskra (1903), Werke, Bd.7, S.107.

51. ders.: Brief an A.A. Bogdanow und S.I. Gussew (1905), Werke, Bd.8, S.133.

52. ders., Resolutionsentwürfe für den III. Parteitag der SDAPR, ebd., S.184.

53. ders., Was tun?, S.364.

54. ders., Zwei Taktiken, S.138.

55. ders., Brief an die Redaktion der Iskra, S.106.

56. Dieses Argument stiftet etwas Verwirrung aufgrund der Erfahrungen nach 1918. Wichtig ist dennoch, daß es nicht die Form der Partei ist, die eine Partei in Opposition zur Sowjetmacht schafft, sondern die Dezimierung der Arbeiterklasse. (Hierzu auch: Chris Harman: Rußland: Wie die Revolution scheiterte)


Zuletzt aktualisiert am 20 November 2009